NT oder NA

Hinweis: Dieser Text ist mittlerweile etwas älter und durch eine veränderte Ausgangssituation nicht mehr aktuell. Ein aktuellerer Text zum Thema kann hier gefunden werden.

Autistische Menschen haben einen Begriff für nicht Autistische Menschen gewählt, “Neurologisch Typisch” oder kurz NT. Wie aus dem Link und dem weiterem deutlich wird ist diese Bezeichnung eine Form des Protestes gegen die Pauschalisierung von Autisten.
Ich mag diesen Begriff mittlerweile nicht mehr da ich, in meinem Kontakt mit Autisten zunehmend feststelle, wie die Protestwirkung zu genau dem verkehrt wird gegen das sie protestieren soll.
Neurotypisten werden von vielen pauschal als minderwertig und dämlich klassifiziert. Damit wird aus dem eigentlich mehr anprangernden Verladen dieser ganzen Klassifizierung bitterer ernst.

Aus diesem Grund verwende ich die Bezeichnung NT schon länger nicht mehr, weil sie für mich genau das tut, von dem ich  forder das es bei Autisten nicht gemacht wird. Ich persönlich verwende die Bezeichnung “nicht Autist” oder kurz NA.
Die Bedeutung dieser zwei Begriffe erscheinen auf dem erstem Blick gleich, dennoch ist NA schlicht und ergreifend eine Zustandsbeschreibung während NT eine Pauschalisierung darstellt (die bekanntlich immer falsch sind). NT hat schon die vollkommen falsche Grundannahme das es so etwas wie etwas typisches gibt, kein NA ist wie der andere, genau so wenig wie jeder Autist ist wie der andere, aber wie soll man das Nichtautisten verdeutlichen wenn man zeitgleich genau das mit ihnen tut was sie unterlassen sollen.

Klischees

Ich denke das Problem mit vielen Klischees vorbelastet zu sein, dürfte wohl jede Gruppe von Personen mit Störungen, Behinderungen oder Krankheiten haben. Man bekommt sie eigentlich immer zu hören, wenn Leute meinen sie kennen sich aus (ich hab den Film gesehen/den Wikipedia-Artikel gelesen).
Einige dieser Vorurteile sind gelegentlich ganz lustig, andere haben das Talent (und eigentlich bin ich ein Mensch mit viel Geduld) mich sehr schnell böse werden zu lassen.
Eines dieser Vorurteile schaffte es erst in den letzten Monaten einer der Aufreger zu werden. Es manifestiert sich meistens durch die Frage

Was ist eigentlich dein Spezialinteresse?

Ich denke zum Teil haben wir den Boom dieses Vorurteils wohl Wikipedia zu verdanken. Es steht nicht ausdrücklich da, dass es alle haben, aber es liest sich schon ein wenig so. Kritisch hinterfragt wird Wikipedia ja mittlerweile ohnehin selten. Aber Richtig oder Falsch ist nicht immer eine Sache des Mehrheitsdenkens.
Nicht alle Autisten haben Spezialinteressen. Sie kommen häufiger vor, allerdings sind sie kein zwingendes Diagnosekriterium. Manchmal wachsen sie sich auch raus oder wechseln mit der Zeit. Man kann jedenfalls auch prima Autist sein ohne Spezialinteressen zu haben.
…und wo wir grad beim Wiki-Artikel sind, es soll durchaus Autisten geben die keine Ahnung von Mathe und Naturwissenschaft haben…

Ansonsten halten sich leider ein Haufen Vorurteile in diesem Bereich,  wenn mir jemand Erbsen vor die Nase hält, würde mich eher stören, dass sie unsymmetrisch sind, als dass ich mir auch nur Ansatzweise Gedanken dazu mache wie viele das denn nun eigentlich sind.
Genauso wenig ist jeder Nerd/Geek/Klugscheißer gleich automatisch ein Autist, so wie umgekehrt nicht jeder Autist zwingend ein Nerd/Geek/Klugscheißer ist.

Als Schlusswort dieses Textes bleibt mir eigentlich nur die Bitte nicht zu vergessen, dass Autismus eine Diagnose und keine Persönlichkeit ist, das heißt nicht alle Autisten mögen das selbe und haben die selben Interessen. Es gibt nichts das alle Autisten pauschal mögen oder nicht mögen.
Außerdem würde ein wenig mehr hinterfragen von Wikipedia-Artikeln den meisten Menschen nicht schaden.

Reize

Seit nunmehr über zwei Wochen kämpfe ich mit etwas das sich wohl am ehesten als konstante Reizüberflutung bezeichnen lässt. Leider ohne jedwede Idee woher sie kommen könnte. Zuerst hatte ich grelles Licht im Verdacht, das zu vermeiden besserte die Situation ein wenig, aber leider nicht genug.
Die Erkenntnis traf mich heute in der Physik-Vorlesung. Der Prof erzählte etwas über Linsen und das Auge und ich erfreute mich an meiner Unfähigkeit mich auf irgendwas zu konzentrieren und der Aussicht in diesem Zustand noch 4 weitere Stunden in der Öffentlichkeit verbringen zu müssen.
An diesem Punkt machte es klick und ich begann drüber nachzudenken wie viel Konzentration es mich eigentlich kostete irgendwas gezielt anzuschauen.
Morgen werd ich mich wohl mal beim Optiker blicken lassen in der Hoffnung das sich dadurch einige Probleme lösen, es würde auf jedenfalls alle Probleme erklären.
Wenn nicht werd ich wohl ob kurz oder lang ein echtes Problem haben.

Autistische Gemeinschaft

Wer heutzutage in Aspie-Foren unterwegs ist dürfte wohl ein interessantes Bild der autistischen “Community” haben. Das ganze hat wohl mehr von einem Schlachtfeld als von Selbsthilfe für die es ursprünglich mal da war. (Ich bin lang genug dabei gewesen, um zu sagen, dass es wirklich mal so war)
aspies.de ist da keinesfalls ein Einzelfall. Ich bekomme im Alltag öfter Einblicke was hinter den Kulissen von großen Selbsthilfeforen abgeht, was mich mittlerweile dazu veranlasste mich aus solchen Dingern fernzuhalten.
Die Frage ist woher kommt dieses Klima gegenseitigen Misstrauens und Anzweifelns?
Ein Beispiel dafür ist Nicole Schuster, die sicherlich jedem der sich ein wenig mit Autismus beschäftigt hat ein Begriff sein dürfte. Bloß in “Betroffenenkreisen” scheint sie nicht sonderlich beliebt zu sein. Ich hoffe sehr, dass sie einige dieser Diskussionen nicht gelesen hat.
Viele machen die Öffentlichkeitsarbeit, mit der sie Autismus aus der Nische der Unbekanntheit heraus geholt hat runter, mit Aussagen wie “aber die spricht doch gar nicht für alle Autisten” oder “die ist doch keine richtige Autistin”. Ich persönlich habe noch kein Zitat von ihr gelesen wo sie sagt, sie spreche für alle Autisten, geschweige denn sie sei wie alle Autisten, von der Tatsache mal abgesehen, dass viele wohl ohne sie gar nicht auf die Idee gekommen wären, dass sie autistisch sein können. (wer so ein Zitat hat darf mir dieses gerne zukommen lassen und ich werde es richtig stellen)
Dieses Beispiel stellt wohl ganz gut dar was sich im Moment so abspielt, die Frage ist nur warum sind wir nicht in der Lage andere zu tolerieren die anderer Meinung sind oder einfach nur anders sind. Gerade Autisten sollten da doch soviel eigene Erfahrung haben wie es ist nicht akzeptiert zu werden,  dass sie wissen wie wichtig das ist.

Wahrnehmung für Anfänger

Heute ist einer der Tage, an denen ich all die Autistic-Pride-Fans noch weniger verstehen kann als ich es eh schon nicht schaffe. Ich sitze in einem dunklen stillen Zimmer und bin am Punkt, an dem mir eigentlich schon das kaum zu hörende Surren meiner Festplatten zu viel ist.
Das schlimme ist, dass ich nicht mal genau sagen kann was mir eigentlich den Rest gegeben hat.

An dieser Stelle werd ich mal versuchen zu beschreiben wie es sich anfühlt, für den Fall, dass es irgendwen interessiert. Ich weiß nicht ob es allen so geht, oder ob das etwas von Mensch zu Mensch unterschiedliches ist. Jedenfalls würde ich mich über Rückmeldungen freuen, wenn das hier irgendwer liest, sofern das überhaupt jemand tut.

Ich merke es meist am ehesten an meinen Augen wie stark meine Überforderung ist. Die Unfähigkeit irgendetwas genau zu fokussieren ist ein Todsicherer Hinweis darauf, dass ich den Rest des Tages zu nichts mehr zu gebrauchen sein werde (sehr schön am Tag von Klausuren und ähnlichem). Dazu dann noch die Schmerzen sobald irgendwo grelles Licht hinzu kommt. Da reicht schon ein Bildschirm mit hellem Hintergrund.
Fast im Kontrast dazu steht die Tatsache wie schnell man von allem abzulenken ist und man ohne es zu merken eine Viertel Stunde lang auf ein Muster aus Staub am Bildschirmrand starrt, obwohl man eigentlich den Satz den man schreiben will schon lange im Kopf hat.

Ein anderer Aspekt den dieser Zustand bringt muss nicht zwingend negativ sein. Man merkt wie viel der Dinge im Alltag eigentlich nicht automatisch laufen, sondern bewusst erlernt wurden. Einfach weil sie genau in dem Moment nicht mehr funktionieren.

Endlich

Sie sind zur Vernunft gekommen. Die jahrelang weit verbreitete wie auch gefürchtete Meinung Autismus würde durch Impfungen ausgelöst wurde nun endgültig ad absurdum geführt:

BBC

Vielleicht kommen nun endlich all die Eltern zur Vernunft die ihr Kind aus Angst vor Autismus nicht impfen lassen.