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Tageshauscaos – Mein Autismus in 500 Worten

Was macht meinen Autismus aus? Das ist eine sehr gute Frage, denn eigentlich weiß ich es nicht.
Ich weiß, dass ich vor meiner Diagnose ziemlich heftige Probleme hatte, wo niemand wirklich wusste wo die herkamen.
Daher war meine Diagnose für mich eher eine Art Erklärung, eine Erklärung für mein Sein und für meine Probleme, die ich mit meiner Umwelt ständig hatte.
Endlich erklärte mir mal jemand, warum und wieso das alles so ist.
Und eigentlich war es seitdem gar nicht mehr so schlimm.
Eine Begründung hatte ich ja nun, endlich hörten die Vorwürfe auf, ich könnte ja nichts und wäre nur faul. Nein, nun konnte jeder, der es wollte, schwarz auf weiß auf meinem Diagnosezettel lesen, dass ich nicht faul oder dumm sei.
Das tat meinen Selbstbewusstsein total gut.
Denn dieses war zum Schluss nicht einmal mehr vorhanden, ich bin herum geschubst worden und fühlte mich meistens wie die Kugel in einem Flipperautomaten. Kein schönes Gefühl.
Doch nach der Diagnose änderte sich das ein wenig, ich konnte endlich Stopp sagen und meine Grenzen endlich einhalten, das ging, weil ich ab da an meine Eigenheiten begründen konnte.
Ich habe da auch das erste Mal erfahren, dass es nicht nur negative Eigenschaften beim Autismus gibt, sondern auch sehr positive, und seitdem versuche ich diese Seiten von mir zu stärken.
Eigentlich gelingt mir das im Moment erstaunlich gut.
Ich habe auch viele neue Freunde gewonnen, ich hatte nicht mehr daran geglaubt. Doch unter meinesgleichen, den Autisten, musste ich feststellen, dass ich sehr wohl im Stande dazu bin, Freundschaften zu haben. Und darüber freue ich mich am meisten. Auch wenn die meisten leider viel zu weit weg wohnen und mich das sehr an das Internet koppelt.
Aber die Freude über diese Leute überwiegt viel mehr, da macht es mir auch nichts, bei manchen Ärzten als internetsüchtig beschrieben zu werden.
Mittlerweile gibt es auch Offline-Besuche, und die finde ich jedes mal total klasse.
Nächste Woche zum Beispiel, da treffe ich mich mit Realitätsfilter, und das Offline. Ich freue mich schon wahnsinnig da drauf.
Ich glaube, das hat sich am meisten geändert, von jemandem, der nirgends auffiel und von dem auch niemand Notiz nahm zu jemandem, der rausgeht, um sich mit Freunden zu treffen.
Meine Freunde sind alle anders … und ich bin mächtig stolz darauf. 😉

Ich glaube endlich an mich und weiß, dass es Sachen gibt, die ich wohl nie können werde, aber ich lerne, damit zu leben, denn diese Situationen wird es immer für mich geben, ich kann sie nicht ändern. Und wenn man was nicht ändern kann, sollte man das Beste daraus machen.
Man sieht meinen Autismus, ok, dann sieht man ihn halt.
Ich wachse mit jedem Tag, und das auch dank der Leute, die mich tagtäglich unterstützen.
Vielen lieben Dank dafür.
Das ein oder andere Buch würde ich gerne noch schreiben. Viel Zeit mit meinen Freunden verbringen und das Leben abseits des Normalen einfach genießen.


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.

Alle Beiträge dieser Reihe kannst du hier nachlesen. Nähere Informationen zu dieser Reihe und dazu wie du dich beteiligen kannst findest du auf dieser Seite.

Samantha Becker ist eine 33 jährige Asperger-Autistin.
Viele kennen sie schon, von der Seite AutiCare.de, wo sie als Vereinsvorsitzende tätig ist. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit anderen Autisten und Autistinnen und reist gerne quer durch Deutschland.

Mela – Immer wieder einfach Ich

“Hallo? Könnten Sie kurz auf meinen Bildschirm achten?” fragt die Frau. “Auf was genau soll ich auf ihrem Bildschirm denn achten?” frage ich. Sie wirkt irritiert. “Einfach nur einen Moment darauf aufpassen” erwidert sie. “Also meinen Sie, da passiert etwas, auf das ich achten soll, oder wollen Sie, dass ich auf ihren Rechner aufpasse? Dass er nicht geklaut wird?” – “Einfach nur aufpassen” sagt sie und blickt drein als rede sie gerade mit einem Ufo.

Solche Situationen sind inzwischen selten geworden und doch ist die Beschriebene sehr typisch für meinen Autismus. Sie spielte sich während der diesjährigen Buchmesse ab, als ich am dritten Tag vollkommen Sinnes-überladen versuchte im Pressezentrum einen Artikel zu schreiben. Meine Normal-Maske wackelte für einen Moment als mir meine Fähigkeit, die ungenaue Sprache von Nicht-Autisten zu entschlüsseln entglitt.

Für mich ist es natürlich ein Unterschied, ob ich auf einen Laptop als Ganzes aufpassen soll oder nur auf den Bildschirm, also einen Teilaspekt. Es hätte ja eine wichtige Nachricht oder ein Skypeanruf eintreffen können. Also in meiner Welt. In der Welt eines Nicht-Autisten steht der Bildschirm synonym für das ganze Ding. Unzutreffend. Unscharf.

Dabei ist meine Kommunikation durchaus facettenreich. Ich verwende Ironie, Sarkasmus und Metaphern gerne und häufig. Ich verstehe sie auch. Meistens. Zumindest wenn ich meinen Kommunikationspartner gut kenne. Bei Missverständnissen kann ich nachfragen. Bei Menschen, die ich nicht gut kenne, führen diese Nachfragen meist zu Irritation. Oft unterlasse ich sie deswegen.

So gut lief es nicht immer. Verbessert hat sich meine Kommunikation erst in den 90ern, als ich den IRC* als meinen persönlichen Sandkasten entdeckte. Dort konnte ich üben ohne irritierende Störsignale durch Tonfall und Körpersprache. Andere behaupten, bei reiner Kommunikation per Text gehe ihnen etwas verloren. Mir nicht. Nur dann kann ich mich auf das Wesentliche, den Inhalt, konzentrieren. Nur dann kann ich selbst entsprechend effektiv kommunizieren.

Töne stressen mich. “Auditiv überempfindlich”. Stammtische, Parties, durcheinandersprechende Menschen, klingelnde Telefone, quietschende Reifen aber auch Zischeln und Flüstern in leisen Umgebungen, all das katapultiert mich in den Overload. Ich habe gelernt mich darin zu verstellen. So lange durchzuhalten wie möglich. Fehlt aber eine Rückzugsmöglichkeit zu lange, folgen oft genug Tränen. An manchen Tagen ist sogar der Atem des Partners zu laut. Oder der eigene.

Wenn ich überreagiere bin ich für die Anderen unhöflich, zickig, unsensibel ihren Bedürfnissen gegenüber. Merkwürdigerweise scheinen meine Bedürfnisse oder wie ich mich in einer Situation fühle eine geringere Rolle zu spielen. Einfach, weil ich von der Norm abweiche.

Und ja, ich habe Gefühle. Und zwar oft so intensiv, dass es mich handlungs- und denkunfähig macht. Mein Hirn betätigt quasi den emotionalen Not-Aus-Schalter. Das wiederum, führt dazu, dass ich zwar weiß das ich fühle, aber nicht wie, was und oft auch nicht wieso. Meist benötige ich Wochen um meine Gefühle und die Situation die sie auslöste aufzuarbeiten und einen Zugang dazu zu finden. In Situationen, in denen man sofort und angemessen reagieren muß, ist das nicht hilfreich.

Mein Autismus ist noch viel mehr, nämlich: voller Ungeschicklichkeit, Muster-erkennend, analysierend, kreativ, fokussiert, nervig, frustrierend und doch immer wieder einfach Ich.

*Anmerkung: IRC, oder Internet Relay Chat, ist einer der älterer Dienste des Internets, wie zum Beispiel auch eMail. Mit diesem Dienst können Menschen nahezu live miteinander chatten, ähnlich dem Prinzip heutiger Instant Messenger.


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.

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Mela Eckenfels lebt in Karlsruhe, ist 41 Jahre alt und verheiratet. Sie twittert unter dem Nick Felicea und schreibt für Geld. Dazu bloggt sie über Autismus und ADS.

sr4as – Was bleibt einem übrig, als das Beste daraus zu machen?

Was war

Anfang 30 wurde bei mir Asperger diagnostiziert. Mal lapidar und kurz erzählt: das Leben davor war geprägt von Schwierigkeiten mit Menschen in Kontakt zu treten, andere zu verstehen, Freunde zu finden, in Gruppen zurechtzukommen. Mein einseitiges Interesse begann mit ca. 8 Jahren, und hat sich bis heute nicht geändert. Freunde und Verwandte haben massenhaft Sprüche wie „er war schon immer eine Person für sich“.

Es ist schon der Hammer, dass mein Hirn mir bauartbedingt ein soziales Verhalten aufzwingt, welches oft inkompatibel ist mit der Norm in der Gesellschaft. Endgültig akzeptiert hatte ich die Diagnose, als selbst meine Mutter zugab, dass sie relativ früh merkte, ich sei anders als andere Kinder.

Das Leben war schwierig, voller Zweifel, Einsamkeit, mal gab ich anderen die Schuld, mal mir selbst, mal den Umständen, mal gab ich alle Hoffnung auf, nur um wieder aufzustehen und weiter zu machen.

Autismus nimmt einem viele Dinge. Gleichzeitig weiß ich auch, dass ich anderen vieles genommen habe. Allen voran meinen Eltern. Ich glaube, Eltern leiden am meisten, wenn ihnen das Kind keine Liebesbezeugung gibt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich sie zuletzt umarmt habe. Auch „neue“ Familienmitglieder haben Schwierigkeiten. Meine Mutter wies mich explizit daraufhin hin, der Schwägerin das Gefühl zu geben, willkommen zu sein.

Was ist

Geändert hat sich nach der Diagnose nichts. Das Allein sein macht mir zu schaffen. Andererseits: zu viel Zusammensein lässt mich am dritten Tag unerträglich werden. Ich lebe Undercover und meide Diskussionen über Privates.

Das Leben wäre schöner ohne Asperger. Für mich, die Familie, einen Lebenspartner, die Freunde. Aber die Dinge sind, wie sie sind.

Was wird

Mein Spezialinteresse ist mein Lebensinhalt. Es ist nebenbei auch sehr gefragt in der Gesellschaft, was mir ein äußerst angenehmes Leben beschert. Meine Fähigkeiten hatten mir schon einen Führungsposten in einem Konzern eingebracht, eventuell wäre eine Karriere möglich gewesen. Die träge Art, in der Konzerne zu leben pflegen, verträgt sich aber nicht mit meiner Besessenheit in diesem Thema.

Als theoretischer Menschenfreund, will ich meinen positiven Beitrag in der Gesellschaft leisten. Ich habe eine Firma gegründet, die ich langsam etabliere und aufbaue. Wieso sollte ich Erfolg haben? Viele Gründer scheitern, selbst wenn sie nicht mit den Defiziten von Asperger geschlagen sind. Vielleicht habe ich Erfolg, weil ich gerade durch meine Zurückgezogenheit und Besessenheit in jedem Problem weiter kommen kann als andere (und zumindest von meinem Wissen weiter gekommen bin, wenn man den Wertungen meiner früheren Vorgesetzten und Kunden trauen darf). Vielleicht, weil die Defizite von Asperger belanglos sind, wenn die Kacke am Dampfen ist und die Kunden dringend die Lösung für ein Problem brauchen.

Die Gesellschaft ist eine amorphe und heterogene Struktur, mit vielen kleinen unterschiedlichen Stellen, in die man vielleicht reinpasst. Mein Ziel ist meine Stelle zu finden, meine Arbeit zu verrichten, und meinem Leben und meinen SI so einen Sinn zu geben.

Zuletzt…

Asperger ist für mich der Frieden, den ich mit der Gesellschaft und dem Leben geschlossen habe. Niemand trifft eine Schuld, niemand hat sich falsch verhalten. Es ist gut.


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.

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sr4as ist Mitte 30, lebt im Süden Deutschlands und twittert unter selbigem Synonym.

bestOfCrumbs – Mein Autismus – oder: Ich möchte nicht tauschen

Mein Autismus ist immer in mir, bei mir, um mich herum. Mal stärker, mal schwächer. Aber er ist immer da und macht einen Teil meines Wesens aus. Die Art wie ich denke, wie ich wahrnehme ist von ihm geprägt. Mein Urbedürfnis ist es alleine zu sein, dann kann ich mich erholen, nehme meinen Körper war. Immer möchte ich nicht alleine sein, ich brauche den Kontakt zu den Anderen, aber nicht viel. Es gut wenn sie da sind und mich in Ruhe lassen. Sie nehmen mich als freundlichen, aufmerksamen, humorvollen und distanzierten Menschen war. Mit den Anderen in Kontakt zu treten ist jedes Mal eine neue Hürde, eine Herausforderung und oft nicht möglich. Es ist einfacher mit den Anderen die mir nahe sind, die ich mag. Aber auch bei ihnen brauche ich Aufwärmzeit, bin ich vorsichtig. Ich konzentriere mich auf das Gesagte, nehme die Mimik teilweise, den Ausdruck der Augen gar nicht war. Das macht es für mich schwierig, das Gesagte einzuordnen: War es ernst gemeint? War es ein Witz? Oder eine doppeldeutige Bemerkung? Was muss ich jetzt sagen? Mein Hirn arbeitet konstant im Überforderungsmodus. Humor und Ironie habe ich im Laufe des Lebens gelernt zu verstehen und benutze sie gerne. Bei unbekannten Anderen brauche ich lange, bis ich verstehe was und wie etwas gemeint ist.

Über meine Gefühle, Emotionen und Gedanken kann ich kaum reden, das ist kompliziert: Zuhören, verstehen, Antwort überlegen, reden. Das läuft oft parallel und blitzschnell bei den Anderen, ich kann das nicht. Ich höre zu. Pause. Ich versuche zu verstehen. Pause. Ich überleg mir eine Antwort. Pause. Jetzt rede ich, aber nur, wenn ich eine Antwort habe und ich wirklich reden kann. Gefühle und Emotionen die gleichzeitig durcheinander durch meinen Körper schleudern halten mich vom Reden ab. Bei Streit, wenn ich verletzt bin (sofern ich das merke), bei Pöbeleien oder bei Stress ist die Verbindung vom Hirn zum Mund unterbrochen. Ich kann dann nicht reden, schon gar nicht schlagfertig sein. Eine Antwort fällt mir dann Stunden oder Tage später ein, viel zu spät.

Schreiben geht besser, nicht einfach so, ist ein hartes Stück Arbeit aber ich habe genügend Zeit zu überlegen, die Sätze zu bauen und aufzuschreiben. Niemand von den Anderen steht oder sitzt in der Nähe und wartet.

Mein Autismus macht mich empfindlich. Geräusche sind oft laut oder störend, vor allem, wenn viele gleichzeitig sind. Das Licht, speziell die Sonne, ist zu hell. Berührungen am Körper erschrecken mich oder schneiden mir die Luft ab und lösen innerliche Fluchtwünsche aus. Direkten Augenkontakt mit den Anderen meide ich, das ist sehr unangenehm und schmerzt.

Überwindung gehört zum Alltag: Die öffentlichen Verkehrsmittel in den Stosszeiten benutzen, Auto fahren, telefonieren (wenn es nicht anders geht), an Sitzungen gehen, Unterbrechungen ertragen, Small-Talken, den Tag organisieren, die Anderen an mich heran lassen und verstehen versuchen.

Ich bin zufrieden mit mir selbst, ich bin gerne mit mir alleine, kann mich wunderbar mit mir beschäftigen. Tauschen möchte ich mit niemandem, schon gar nicht mit den Anderen.


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bestOfCrumbs (= aus Krümmeln das Beste machen) lebt und arbeitet in der Schweiz, ist verheiratet hat Kinder. An der Arbeit versucht er täglich, das Chaos in Datenbanken zu bändigen und seinen Kunden verständliche Reports zu liefern. Er liest sehr gerne oder programmiert zwischen durch mal etwas sofern es die Zeit erlaubt.
Außerdem ist er auf Twitter zu finden und bloggt.

Brln – Was bedeutet mein Autismus für mich?

Die Gewissheit, mich im autistischen Spektrum zu befinden, habe ich seit Januar diesen Jahres. Und es ist gut, diese Gewissheit zu haben. Das Wort Autismus gibt mir endlich eine Erklärung dafür, warum ich zu Teilen so bin, wie ich bin und warum ich mich häufig sehr fern von den Menschen um mich herum fühlte und fühle. Das Wort erklärt, warum ich immer wieder stolper und immer wieder stolpern werde. Dieses Wissen beruhigt, denn auf die Frage „Was ist bloß los mit mir?“ habe ich endlich eine Antwort. Und über diesen Umgang mit meiner Diagnose möchte ich schreiben, unabhängig davon, welche Schwierigkeiten mir mein Autismus Tag für Tag bereitet.

Ich habe durch die Diagnose „Autismus“ die Möglichkeit bekommen, mit mir sanfter umzugehen. Ich muss mich nicht dazu zwingen, mich in Situationen zu begeben, in denen ich wahrscheinlich eh nur scheitern würde. Doch natürlich hoffe ich auch, dass ich weiterhin genügend Ehrgeiz und Mut besitze, Neues zu wagen, nur halt mit dem nötigen Quäntchen Rücksicht auf mich selbst. Ich weiß, was gut für mich ist. Ich weiß, was schlecht für mich ist. Unter anderem durch die Diagnose ist mein Selbstwertgefühl in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Ich sehe, was ich trotz persönlicher Hindernisse alles geschafft habe und wie gut ich mich heutzutage in meiner Umwelt zurechtfinde im Gegensatz zu früher.

Ich könnte an dieser Stelle gefühlt tausende Beispiele für den Einfluss meines Autismus auf meinen Alltag geben. Ich werde mich auf das Folgende beschränken: Nach einem Jahr als Gastschülerin in den USA war ich längere Zeit ehrenamtlich für die Vor- und Nachbereitung von Gastschülern tätig. An der Arbeit gefiel mir, unter offenen Menschen zu sein. Mein eigenes Vorbereitungsseminar fühlte sich damals wie eine Offenbarung an, da dort intensiv über Theorien des menschlichen Miteinanders reflektiert wurde. Mein Teamerdasein war hingegen von Mittelmäßigkeit geprägt. Nach Seminaren war ich häufig emotional komplett ausgelaugt, von Selbstzweifeln aufgefressen. So sehr ich mich auch bemühte, den Draht zu meinen Seminarteilnehmern konnte ich nur selten finden. Ich hatte das Gefühl, ihnen nicht das geben zu können, was sie brauchten. Brach jemand in Tränen aus, so konnte ich das emotional nicht nachvollziehen, geschweige denn die Person in den Arm nehmen. Die Herzlichkeit, die die anderen Teamer ausstrahlten, vermisste ich bei mir. Dabei würde ich so gerne selber diese Herzlichkeit ausstrahlen können. Doch wirklich wohlfühlen tue ich mich nun mal in meiner kühlen, analytischen Sachlichkeit.

Die Erkenntnis, für etwas nicht geeignet zu sein, das man doch so gerne tut, schmerzt. Die Erkenntnis, warum ich immer wieder an meine Grenzen gestoßen bin, heilt nun ein wenig diese Wunde. Neben autistischen Defiziten wie geringe Empathiefähigkeit gibt es auch Kompetenzen. Und diese ergründe ich gerade. Mein Ziel ist es, ein zufriedene(re)s Leben zu leben. Sich selbst zu kennen ist dafür ein guter Anfang. In meiner ganz persönlichen Deutung steht „Autismus“ deshalb für Selbsterkenntnis. Schwere Zeiten liegen hinter mir. Schwere Zeiten werden kommen. Doch ich fühle mich zum jetzigen Zeitpunkt gestärkt für meinen Weg durch die Unwegbarkeiten meines Lebens.


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.

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Brln lebt am Wasser, ist 25 Jahre alt, weiblich und stolpert noch durchs Studium. Sie fühlt sich selber der Gruppe eher extrovertierer Autisten zugehörig, redet häufig viel zu viel und hat sich früher über jede 3 in Sport auf dem Schulzeugnis gefreut.

Wetter – Out of Space

Ich sage, ich höre dich schlecht, wenn ich anderen Menschen auf den Mund und nicht in die Augen schaue. Ich sage, ich hatte Migräne, wenn ich einen Overload hatte. Ich sage, da ist wer an der Tür, wenn ich keine Konzentration für ein Telefongespräch habe. Ich sage, es ist nicht mein Tag heute, obwohl ich immer schon nach einer Stunde ermüdet bin, auf Kneipentreffen. Ich behaupte, ich sei kurzsichtig, wenn ich jemanden nicht erkannt habe. Ich beteuere, dass ich viele Freunde habe. Ich sage, ich hätte einen Stein im Schuh, wenn ich hüpfen mag, stecke meine Hand in meine Umhängetasche, wenn ich mit den Fingern schnipse und tue so, als suche ich etwas. Ich suche nichts, ich verstecke.

„Wo ist sie, die Seele?“ Gibt es nicht nur Menschen mit Gehirnen und Nervensystemen? „Versteckt sie sich, die Seele? Sie ist ja so behindert.“

Versteckt wird er, mein Autismus, von mir. Er trennt mich von den anderen Menschen, von einem Teil von mir selbst, von der Welt.

Er ist geheim, aber nicht unsichtbar. Nenne ihn Schüchternheit, trockener Humor, Pokerface, Überheblichkeit, Hilfsbereitschaft, Loyalität, Unnahbarkeit, Ehrlichkeit, Genauigkeit, Naivität, Besserwisserei, Verzetteln, Langsamkeit, Absolutes Wissen, wenn du ihn siehst, meinen Autismus.

Ich möchte, dass es anderen Menschen gut geht und auch gut geht mit mir, wenn sie in meiner Gegenwart sind. Ich möchte in ihrer Gegenwart sein, mit anderen Menschen zusammenarbeiten, Ziele erreichen, richtig erfolgreich sein. Sie sollen mich annehmen, meine Fähigkeiten sehen, mich schätzen. Mich sehen.

Es sind die käfernden Wassertropfen, die auf dem Zweig am Wegrand hocken, die ich mit meinen Händen abstreife, von diesem kleinen Bäumchen, die ich durch meine Finger rinnen lasse, die nicht meine Seele sind, aber das, was man mir heute anbietet, wenn ein Sonnenstrahl noch darauf fällt.

Mein Autismus und ich, WIR sind out of Space.


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.

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Wetter ist 29 Jahre alt und lebt in Berlin

Lasse von Dingens – Warum ich den Abgabetermin verpasst habe

Ja, ja.

500 Worte. Werde ich ja wohl noch beieinander kriegen.

Aufschieberitis war es nicht.

Unwille auch nicht.

Und nein, drücken wollte ich mich auch nicht.

Ich habs vergessen.

Mehrfach.

Keine Zettel geschrieben.

Keinen Termin im Kalender eingetragen.

Ein Problem mit dem „Aus den Augen – aus dem Sinn.“

Für Autisten gibt es dazu den schönen Begriff „Monotropismustheorie“. Sie beschreibt, wie Autisten ihre Aufmerksamkeit auf die sie umgebenden Dinge verteilen.

Die Monotropismustheorie geht grundsätzlich davon aus, dass jedem Menschen eine bestimmte, individuell variierende Menge an Aufmerksamkeit zur Verfugung steht. Diese Aufmerksamkeitsmenge wird intuitiv auf verschiedene Dinge verteilt.

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Mein Autismus (in 500 Worten) Teil 2

„Der Autismus“ ist etwas, das es nicht gibt. Das erkläre ich immer wieder, doch was das wirklich heißt, wird kaum deutlicher, als wenn viele Autisten beschreiben was Autismus für sie eigentlich wirklich bedeutet.
Das ist etwas, was ich ganz naturgemäß nicht alleine schaffen kann. Vor etwas über einem Jahr startete ich hier eine Reihe, in der Autisten schilderten, was ihr Autismus für sie bedeutet. Viele fanden den Mut und die Kreativität, sich zu beteiligen, so dass über mehrere Monate ein breites Spektrum an Beiträgen von vielen verschiedenen Menschen entstand.
An diesen Beiträgen möchte ich anknüpfen und zu einer Fortsetzung dieser Reihe einladen.
Die Grundlage für die Fortsetzung wird die gleiche Frage wie auch schon im ersten Teil sein.

Was bedeutet dein Autismus für dich?

Das Ergebnis soll ein Text sein, der maximal aus 500 Worten besteht und einen konkreten Einblick darin liefert, was Autismus ganz konkret für dich bedeutet, sowohl für dich persönlich als auch im Umgang mit anderen. Ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Einen konkreten Termin für den Start der Reihe möchte ich noch nicht festlegen, da ich das von der Menge und der Zeit der Einsendungen abhängig machen werde.
Für Fragen oder Einsendungen steht die folgende E-Mail-Adresse zur Verfügung:

500worte@realitaetsfilter.com

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