Dieser Text der Reihe “Autismus quergedacht” ist umgezogen. Wie es dazu kam ist hier erklärt.
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Realität ist was du draus machst
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Ich darf für Deine Beiträge danken… Ich finde sie sehr anschaulich und bekomme so einen ungefähren Eindruck.
Hallo Ulf,
das freut mich. Dafür sind sie geschrieben. Um eben einen Einblick in den Autismus zu gewähren und auch um eine Hand zu reichen und eine Tür zu öffnen um Schwellenängste abzubauen. Man darf uns durchaus fragen 🙂
Querdenkender
Zitat: „Man kann Autisten ungemein unterstützen, wenn man Ihr Bedürfnis nach Sicherheit und Konstanz und die Gründe dafür kennt. Wenn jeder nur ein klein wenig von dem Wissen in die Praxis umsetzt wird sich für den jeweiligen Autisten im Umfeld schon viel ändern. Und so kann es passieren, dass auch ein Autist aufblüht, aktiver wird und sich mehr der „Welt der Nichtautisten“ öffnet!“
Das kann ich nur bestätigen. Meine Tochter kann sehr autistisch sein, wenn man nicht auf sie eingeht. Aber wenn man es tut, dann merkt man kaum, dass sie Autistin ist. Und es ist für einen Nicht-Autisten gar nicht so schwierig. Das hat weniger mit Verständnis sondern viel mehr mit Verstehen zu tun. Nicht jedes Verhalten muss toleriert oder entschuldigt werden, aber manche möglichen „Fettnäpfchen“ oder potentiellen „Fehlerquellen“ lassen sich von vornherein vermeiden. Das fängt schon mit der bewussten Veränderung der Sprache an (z.B. keine Ironie, keine rhetorischen Fragen).
Allerdings ist mir aufgefallen, dass insbesondere die älteren Autisten Probleme damit haben, wenn man alles so sagt wie man es meint. Sie versuchen immer wieder zwischen den Zeilen zu lesen, auch wenn da gar nichts ist. Das liegt vermutlich an der von ihnen über Jahrzehnte entwickelten „Überlebensstrategie“. Davon kommen sie (verständlicherweise) nicht wieder einfach so weg. Es ist daher wichtig, also Nicht-Autist die Geduld nicht zu verlieren und immer wieder deutlich zu machen, dass man es WIRKLICH so meint, wie man es gesagt hat. Der Unsicherheitsfaktor bei Autisten ist nicht zu unterschätzen!
„Allerdings ist mir aufgefallen, dass insbesondere die älteren Autisten Probleme damit haben, wenn man alles so sagt wie man es meint.“
Das ist ein Problem, ja.
Früher habe ich alles wörtlich genommen. Darauf kam nicht selten die empörte oder manchmal auch amüsierte Reaktion, dass ich ja jedes Wort auf die Goldwaage legen würde. Mir aber war (und ist) es absolut unverständlich, dass man etwas sagt, obwohl man etwas anderes meint, und dafür noch nicht mal die Verantwortung übernehmen will (ich rede nicht von Ironie, sondern von gewöhnlicher Kommunikation).
Inzwischen habe ich also gelernt, dass der pure Wortgehalt meist nicht wiedergibt, was die Leute tatsächlich sagen wollen. Ich habe mich darauf eingestellt. Und was passiert dann? Plötzlich meinen sie es doch genauso wie gesagt. Woher soll ich diese Situationen unterscheiden können? Einmal wollen sie die Freiheit des Unverbindlichen genießen, ein andermal wollen sie wortwörtlich ernst genommen werden. Mir fehlt bis heute ein wirklich gutes Instrument, um hier zu den richtigen Urteilen zu kommen. Raten ist keine brauchbare Alternative. Ich würde gern mal wissen, wie sich die Nichtautisten in diesem Dschungel zurechtfinden. Aber vermutlich ist es für sie ohnehin nur ein gewöhnlichger Stadtwald.
Hallo,
ich denke Nichtautisten haben es da leichter. Sie verstehen das meiste Intuitiv. Autisten müssen das mühsam lernen.
Ich denke hier entstehen dann die Probleme wenn Nichtautisten sich aufeinmal „Autistengerecht“ verhalten. Sie sprengen damit die gelernten Schemata des Autisten und dieser steht wieder vor einem großen Fragezeichen.
Ein interessanter wenn auch schwieriger Nebeneffekt der Aufklärung über Autismus.
Querdenkender
Ich denke, das einzig hilfreiche ist Konsequenz in der Kommunikation. Das heißt, wenn ein Nicht-Autist sich entschließt, dass er wörtlich genommen werden will, dann muss dieser das auch konsequent durchziehen. So kann für den Autisten zumindest bei dieser einen Person eine gewisse Verlässlichkeit entstehen, dass DIESE Person, es auch meint wie sie sagt. Das erfordert allerdings sowohl vom Nicht-Autisten die Bereitwilligkeit das zu lernen, wie auch vom Autisten, sich darauf einzulassen. Also von seiner Seite auch ein gewisses Vertrauen.
Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man das als Nicht-Autist lernen kann, zu sagen was man meint. Es mag vielleicht dem einen leichter fallen als dem anderen, aber es ist erlernbar. Und ich glaube auch, dass es für einen Nicht-Autisten leichter ist, das zu erlernen, als für einen Autisten, sich vertrauensvoll darauf einzulassen, dass dieser eine Mensch auch WIRKLICH immer das sagt was er meint.
Hallo Petra,
ja das ist ein sehr interessanter Aspekt. Landet auf jeden Fall auf meiner „to write“ Liste.
Es ist eben manchmal auch so, dass gerade wenn Nichtautisten versuchen sich auf Autisten einzustellen sie damit, natürlich ungewollt, Autisten in Probleme stürzen. Sie verhalten sich nicht mehr so wie ein Autist das erwartet.
Wie gesagt sehr interessantes Thema, ich werde drüber schreiben!
Querdenkender
Hallo Sabine, das kommt mir alles seeeeeeeeehr bekannt vor …
„Geschrieben von quergedachtes
April 24, 2011 um 1:51 pm“
Aber es freut mich das du dich in diesem Text wiederfindest 🙂
Sicherheit und Vorhersehbarkeit gehören für mich auch zu den wichtigsten Punkten bei der Bewältigung alltäglicher Situationen. Der Verlust von Sicherheit bedeutet daher gleichzeitig immer auch reine Einschränkung von Alltagskompetenzen und führt, wenn der Einsatz von Vermeidungsstrategien nicht möglich ist,im schlimmsten Fall zu einer situationsbedingten Handlungsunfähigkeit oder einem Meltdown.
Petra: „Und ich glaube auch, dass es für einen Nicht-Autisten leichter ist, das zu erlernen, als für einen Autisten, sich vertrauensvoll darauf einzulassen, dass dieser eine Mensch auch WIRKLICH immer das sagt was er meint.“
Also, hier sehe ich kein Problem aus meiner Perspektive. Wenn ein bestimmter Mensch konsequent kommuniziert, ist das Verlässlichkeit. Verlässlichkeit wiederum birgt Vorhersehbarkeit. Vorhersehbarkeit schenkt Sicherheit. Sicherheit ist eine gute Voraussetzung, um Vertrauen zu entwickeln.
Ich fände es schön, wenn es immer so ginge. Ich fürchte nur, dass den meisten Menschen (sofern sie sich nicht bewusst mit einem Autisten aufhalten) gar nicht klar ist, wie inkonsequent und sprunghaft sie kommunizieren. In ihrer Welt klappt es ja auch so. Aus ihrer Warte, der Warte der Masse, ist das ja auch durchaus verständlich.
A,L.: „Ich fände es schön, wenn es immer so ginge. Ich fürchte nur, dass den meisten Menschen (sofern sie sich nicht bewusst mit einem Autisten aufhalten) gar nicht klar ist, wie inkonsequent und sprunghaft sie kommunizieren.“
Da hast Du vermutlich Recht. Das war wohl wieder nur meine eigene eingeschränkte Sichtweise, aus der ich geschrieben habe. :/ Eigentlich müsste ich es besser wissen, denn ich sehe oft genug Menschen, die nur wenig im direkten Kontakt mit Autisten stehen und sich wenig mit dem Thema befassen, und sich daher nur oberflächlich Mühe geben. Warum sollten sie auch mehr tun? Aus ihrer Sicht ist es ja gar nicht notwendig. Allerdings passiert das wohl nicht mit Absicht, es ist ihnen nicht bewusst, dass es nur so wenig ist. Aus ihrer Sicht ist es schon ganz viel. Und wenn sie in irgendeiner Form damit „Erfolg“ haben, dann sind sie der Meinung wer weiß was geleistet zu haben. Dabei habe ich schon oft erlebt, dass dann der Autist so dankbar für das Entgegenkommen war, dass er sich noch mehr verbogen hat. Und DAHER kam dann der Erfolg. Das heißt, ein wenig entgegenkommen vom Nicht-Autisten und viel mehr Kompensierungsleistung vom Autisten. Nur auch das wird vom Nicht-Autisten dann nicht wahr genommen. Und diese Anstrengung vom Autisten fordert auch irgendwann ihren Tribut. Sei es in einem Overload oder einem kompletten Nervenzusammenbruch oder ähnlichem.