Category Archives: Autistische Kultur

Die Krise geht um

Doch nicht nur die Banken dümpeln in der Krise, auch das Gesundheitssystem. Eine Autismus-Epidemie greift um sich. Immer mehr Kinder infizieren sich damit oder bekommen es durch Impfungen, deshalb müssen wir jetzt was tun und diese “Public Health Crisis” (Autism Speaks) bekämpfen.

Und jetzt mal ernsthaft…

In letzter Zeit vernehme ich wieder zunehmend den Wunsch und die Forderung man möge doch endlich ein Heilmittel finden. Man kann die armen Autisten nicht in ihrer eigenen Welt einfach alleine lassen. Zunehmend höre ich solche Aussagen auch von Autisten, die mir erzählen sie wollen nicht mit dieser Behinderung leben.
Fakt ist, es wird in naher Zukunft (ich persönlich sage auch in ferner) Zukunft keine Heilung geben. Es gibt bisher nicht mal eine wirklich rein medizinische sichere Diagnosemethode (korrigiert mich bitte wenn ich da falsch liege). Selbst wenn es eine gäbe würde sie uns erst mal näher an neue Abtreibungsrekorde als an eine Heilung bringen.
Dennoch werden Millionen verpulvert um die Welt wachzurütteln und ihnen zu sagen das wir dringend eine Heilung brauchen.

Autismus ist ein Problem für die Gesellschaft, bis zu diesem Punkt sehe ich in der ganzen Argumentation noch einen gemeinsamen Nenner, aber die Lösung für dieses Problem liegt nicht darin das wir alle Autisten auf der Stelle heilen und bis wir das tun malen wir ein paar Protestbänder, sondern wir sollten jetzt etwas tun. Das kann einfach Aufklärungsarbeit sein, oder vernünftige Weiterbildungskonzepte, Ämter die darüber hinausdenken das ein Schwerbehindertenausweis ein prima Ticket ist um in die Rente zu kommen, oder wahlweise in eine Werkstatt.

Eine Diagnose ist nicht das Ende, sondern ein Anfang. Doch grade in diesem Punkt gibt es an vielen Stellen (definitiv nicht an allen) noch großen Nachbesserungsbedarf. Oftmals bekommen Menschen ihre Diagnose und keine weiteren Informationen oder Hilfsangebote, da ist es beinahe selbstverständlich das sich eine gewisse Hilflosigkeit herausbildet.

Autisten können oftmals so viel mehr als man ihnen gemeinhin zutraut (ich schließe hier mal die Savants und die typischen Vorurteile aus). Man muss nur mehr Hilfen anbieten wie man mit dem eignem Autismus und der Welt umgeht.

Vielleicht bräuchten wir dann gar keine Heilung für Autismus.

NT oder NA

Hinweis: Dieser Text ist mittlerweile etwas älter und durch eine veränderte Ausgangssituation nicht mehr aktuell. Ein aktuellerer Text zum Thema kann hier gefunden werden.

Autistische Menschen haben einen Begriff für nicht Autistische Menschen gewählt, “Neurologisch Typisch” oder kurz NT. Wie aus dem Link und dem weiterem deutlich wird ist diese Bezeichnung eine Form des Protestes gegen die Pauschalisierung von Autisten.
Ich mag diesen Begriff mittlerweile nicht mehr da ich, in meinem Kontakt mit Autisten zunehmend feststelle, wie die Protestwirkung zu genau dem verkehrt wird gegen das sie protestieren soll.
Neurotypisten werden von vielen pauschal als minderwertig und dämlich klassifiziert. Damit wird aus dem eigentlich mehr anprangernden Verladen dieser ganzen Klassifizierung bitterer ernst.

Aus diesem Grund verwende ich die Bezeichnung NT schon länger nicht mehr, weil sie für mich genau das tut, von dem ich  forder das es bei Autisten nicht gemacht wird. Ich persönlich verwende die Bezeichnung “nicht Autist” oder kurz NA.
Die Bedeutung dieser zwei Begriffe erscheinen auf dem erstem Blick gleich, dennoch ist NA schlicht und ergreifend eine Zustandsbeschreibung während NT eine Pauschalisierung darstellt (die bekanntlich immer falsch sind). NT hat schon die vollkommen falsche Grundannahme das es so etwas wie etwas typisches gibt, kein NA ist wie der andere, genau so wenig wie jeder Autist ist wie der andere, aber wie soll man das Nichtautisten verdeutlichen wenn man zeitgleich genau das mit ihnen tut was sie unterlassen sollen.

Autistische Gemeinschaft

Wer heutzutage in Aspie-Foren unterwegs ist dürfte wohl ein interessantes Bild der autistischen “Community” haben. Das ganze hat wohl mehr von einem Schlachtfeld als von Selbsthilfe für die es ursprünglich mal da war. (Ich bin lang genug dabei gewesen, um zu sagen, dass es wirklich mal so war)
aspies.de ist da keinesfalls ein Einzelfall. Ich bekomme im Alltag öfter Einblicke was hinter den Kulissen von großen Selbsthilfeforen abgeht, was mich mittlerweile dazu veranlasste mich aus solchen Dingern fernzuhalten.
Die Frage ist woher kommt dieses Klima gegenseitigen Misstrauens und Anzweifelns?
Ein Beispiel dafür ist Nicole Schuster, die sicherlich jedem der sich ein wenig mit Autismus beschäftigt hat ein Begriff sein dürfte. Bloß in “Betroffenenkreisen” scheint sie nicht sonderlich beliebt zu sein. Ich hoffe sehr, dass sie einige dieser Diskussionen nicht gelesen hat.
Viele machen die Öffentlichkeitsarbeit, mit der sie Autismus aus der Nische der Unbekanntheit heraus geholt hat runter, mit Aussagen wie “aber die spricht doch gar nicht für alle Autisten” oder “die ist doch keine richtige Autistin”. Ich persönlich habe noch kein Zitat von ihr gelesen wo sie sagt, sie spreche für alle Autisten, geschweige denn sie sei wie alle Autisten, von der Tatsache mal abgesehen, dass viele wohl ohne sie gar nicht auf die Idee gekommen wären, dass sie autistisch sein können. (wer so ein Zitat hat darf mir dieses gerne zukommen lassen und ich werde es richtig stellen)
Dieses Beispiel stellt wohl ganz gut dar was sich im Moment so abspielt, die Frage ist nur warum sind wir nicht in der Lage andere zu tolerieren die anderer Meinung sind oder einfach nur anders sind. Gerade Autisten sollten da doch soviel eigene Erfahrung haben wie es ist nicht akzeptiert zu werden,  dass sie wissen wie wichtig das ist.