Author: Benjamin Falk

Mein Autismus–Ein (Zwischen-)Fazit

Die Reihe “Mein Autismus” umfasst inzwischen 10 Beiträge. Das Feedback, welches ich zwischenzeitlich zu dieser Reihe hatte, war wirklich enorm und hat mich selbst überrascht. Dennoch möchte ich die Reihe an dieser Stelle erst einmal beenden. Ich möchte verhindern, dass “Mein Autismus” langsam ausschleicht und in die Bedeutungslosigkeit abrutscht.
Das muss aber nicht für immer sein. Es steht jedem, der für diese Reihe einen Beitrag beisteuern möchte, frei, diesen unter der bekannten Mailadresse an mich senden. Wenn ausreichend Beiträge zusammen kommen werde ich einen zweiten Block von Beiträgen veröffentlichen.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die an dieser Reihe in welcher Form auch immer mitgewirkt haben, insbesondere aber bei den Autoren die sich der Herausforderung angenommen haben. Diejenigen die es getan haben, werden gemerkt haben, das es wesentlich schwerer ist als es scheint zu einem solchen Thema, in einem relativ kurzen Text, etwas zu schreiben.

Alle Beiträge von „Mein Autismus“ könnt ihr hier nachlesen.

Liebe Eltern

Natürlich nicht alle Eltern, sondern die, die sich von diesem Tweet eventuell angesprochen fühlen könnten.

https://twitter.com/#!/qdeester/status/18725378418

Das Problem mit Eltern, die das ganze Leben ihrer Kinder ins Netz stellen, ist in keinem Fall neu. Aber im Umfeld von Kindern mit Behindeurngen scheint das Veröffentlichungsbedürfnis unangenehm hoch zu sein.
Bitte versteht mich jetzt nicht falsch, ich freue mich über jeden, der Autismus in die Öffentlichkeit trägt. Darum geht es mir bei dem was ich hier ansprechen möchte auch garnicht, sondern mir geht es darum, wie Eltern mit den persönlichen Daten ihrer Kinder umgehen.
Wer ein wenig im Netz unterwegs ist, wird früher oder später auf autistische Kinder mit eigenen Twitterhashtags stoßen.
Auf Eltern, die jedes Detail aus dem Leben ihrer Kinder twittern.
Auf Eltern, die aus jeder erdenklichen Situation im Leben ihrer Kinder Bilder schießen, um sie ins Netz zu stellen.
Auf Eltern, die Videos ihrer Kinder ins Netz stellen.

Das sind diese Momente, in denen ich mir vorstelle, wie das wohl für das Kind in diesem Fall mal später sein wird. Irgendwann liest du im Netz Dinge, von denen du dir nicht sicher wärst, dass du sie irgendwem von dir aus erzählt hättest, und dann kann die ganze Welt sie lesen. Zusammen mit Bildern und Videos, auf denen du sehr gut zu erkennen bist. Diese Vorstellung ist wohl kaum für irgendwen angenehm.
Dass nur man selbst auf diese ganzen Dinge im Netz stößt ist noch der Idealfall. Viel schlimmer stelle ich mir ja Situationen vor, wenn ich in eine neue Gruppe komme und dort kennt man mich und all die Details meines Lebens, die doch eigentlich keinen von den anderen etwas angehen.
Hätte ich diese Erfahrung gemacht, ich würde wohl nicht mehr mit meiner Mutter reden.

Das Problem ist auch keinesfalls gelöst, wenn ihr eure Kinder fragt, ob es sie stört, dass ihr dem internet etwas sagt. Ich hoffe mal, ich muss keinem Elternteil erklären, dass es ein wenig zu komplex ist, die kompletten möglichen Folgen dieser Entscheidung einzuschätzen.

Worauf ich hinaus will ist, dass ich nichts schlechtes darin sehe, zu bloggen und zu twittern was euch beschäftigt. Natürlich sind das auch eure Kinder. Twittert und bloggt über eure Kinder, aber beweist die Kompetenz, die ihr euch mal von euren Kindern wünscht wenn es darum geht, was ihr ins Netz stellt und was nicht.
Überlegt euch drei Mal ob es jetzt wirklich ein Bild sein muss, auf dem euer Kind zu erkennen und zu identifizieren ist. Nicht nur euren Kindern zuliebe.

Zwischen Stolz und Betroffenheit

Heute ist Autistic Pride Day. Ich möchte an dieser Stelle darauf eingehen, warum ich mich mit diesem Tag nie so recht anfreunden konnte. Dieser Text spiegelt allein meine Sichtweise wieder und diese ist gerne zur Diskussion gestellt.
Die Idee des Autistic-Pride-Day entstand wohl in der Anlehnung an Gay-Pride und den Kampf für Akzeptanz und Gleichberechtigung. Es mag hier wohl einige Übereinstimmungen geben, aber auch sehe ich, dass hier einiges hinkt. Ich denke nicht, dass man Autismus so ohne weiteres mit Schwul/Lesbisch sein vergleichen kann. Zuallererst einmal möchte ich an dieser Stelle behaupten, Schwul oder Lesbisch dürfte von sich aus erst einmal wenig Nachteile bringen. Ich will damit keinesfalls behaupten, dass es einfach ist, in dieser Gesellschaft als schwul geoutet zu sein. Aber solang wir von einer idealen toleranten Gesellschaft ausgehen, birgt es erst einmal keinen Nachteil.
Anders sehe ich das beim Autismus. Hier kann ich nur für mich sprechen, aber ich kann sagen, dass mein Leben in einer perfekten toleranten Gesellschaft durch den Autismus durchaus beeinträchtigt ist. Sei es, dass ich nur zu leeren Zeiten einkaufen kann, oder ich an manchen Tagen nur schwer vor die Tür kann weil das Tageslicht in einer unangenehmen Frequenz scheint.
Deshalb habe ich persönlich damit ein Problem diese Bewegungen so ohne weiteres gleichzusetzen.

Ein anderer Aspekt der mich an Autistic-Pride stört ist das Wort “Pride”. Ich möchte hier ausdrücklich nicht falsch verstanden werden. Autismus ist nichts schlimmes. Autismus ist nichts, das geheilt werden muss. Aber Autismus kann durchaus eine Behinderung sein, wie mein Beispiel oben ja durchaus auch zeigt. Ich sage nicht, dass sie das muss, ich möchte die Entscheidung, ob sein Autismus ihn behindert, jedem selbst überlassen. Das gilt dann aber auch im Umkehrschluss, dass niemand pauschal sagen sollte Autismus sei keine Behinderung.
Alles in allem ist Autismus nichts auf das ich stolz bin. Ich könnte dann ebenso auf meine braunen Haare, oder meine Schuhgröße 48 stolz sein. Ich habe keinerlei Leistung erbracht um Autist zu werden. Hier sehe ich das Problem, ob es wirklich die Wirkung auf Nichtautisten hat, die viele Autisten sich wünschen. Denkt man diesen Gedanken konsequent zu Ende, so wird es spätestens unangenehm wenn man als Autist Hilfe und Nachteilsausgleiche sucht, denn man ist ja nicht behindert, sondern im Gegenteil mit etwas gesegnet auf das man stolz sein kann. An dieser Stelle kann man sich von seinem Schwerbehindertenausweis und allen Nachteilsausgleichen getrost verabschieden. Denn diese suggerieren ja, dass sie einen Nachteil ausgleichen, der von Autistic-Pride-Anhängern gerne mal geleugnet wird.

Abschließend denke ich, dass die Autistic-Pride-Bewegung mit ihren Forderungen wie man Autismus sehen sollte durchaus in eine Richtung geht, welche nicht verkehrt ist, ich denke mir nur, dass es wichtig ist, den Menschen ein differenziertes Bild von Autismus zu liefern. Autismus ist kaum das, was die meisten Menschen vor Augen haben wenn sie das Wort Behinderung hören. Aber umgekehrt ist Autismus auch nichts, das vollkommen problemfrei ist. Welche Probleme ein Autist hat und als was er sich sehen möchte sollte von niemandem vorgeschrieben werden, auch nicht von anderen Autisten, die im Grunde auch nur für sich sprechen können.

Autismus ist kein Todesurteil und keine nächste Stufe der Evolution, er ist weder gut, noch ist er schlecht.

An dieser Stelle ein Dankeschön an @kwetchen für seine nächtlichen Ratschläge für einige Aspekte dieses Textes und diesen wirklich lesenswerten Link.

Sommerpause

Um mal das abgedroschene Klischee zu bedienen:

“Ich bin dann mal weg.”

Das Ganze nicht für immer, aber bis zum 17.07.2011. Das bedeutet, ihr werdet bis dahin erst einmal keine neuen Beiträge hier im Blog lesen. Der Grund dafür ist leider kein Südseeurlaub, sondern ein den meisten studierten Menschen als Klausurphase bekanntes Übel.
Da dieses Blog ein reines Freizeitprojekt von mir ist, werde ich nicht die Zeit haben, mich in dem Ausmaß, das nötig wäre, darum zu kümmern.
Sowohl die Reihe “Mein Autismus” als auch die Reihe “Autismus Quergedacht” werden nach der Sommerpause wie gewohnt fortgesetzt werden.

Solltet ihr Angst haben, dass euch der Lesestoff ausgeht kann ich euch meine Blogroll ans Herzen legen, oder ihr folgt mir auf Twitter.

Bis bald!

Hawkeye

Suchtreffer Teil 1

Vor mir liegt eine Liste aller Suchbegriffe, die seit bestehen meines Blogs auf eben diesen geführt haben. Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, diesen Beitrag zu schreiben, immer dann wenn ich mal einen Blick auf die Suchtreffer werfe. Manche sind amüsant, manche sind traurig und manche beides zusammen.
Auf jeden Fall kenne ich nun wirklich jede Schreibweise von Autismus. Da sind Authismus und Asberger noch harmlos. (Für alle die durch googeln der oben genannten Begriffe zu mir stießen, es schreibt sich Autismus und Asperger.)
Es geht mir mit diesem Beitrag aber gar nicht darum, hier irgendwen lächerlich zu machen. Diese rund 500 verschiedenen Suchtreffer erinnern mich im Grunde nur daran, wie viel Unwissen, Halbwissen und Unsicherheiten es im Zusammenhang mit Autismus gibt. Daher möchte ich jetzt einige der Suchtreffer herauspicken und darauf eingehen, um vielleicht den Leuten, die in Zukunft durch das Googlen dieser Begriffe zu mir stoßen, helfen zu können. Es sind zu viele, um das alles auf einmal zu tun, und mir ist wohl klar, dass wenn ich einige der schmerzhafteren Suchphrasen hier jetzt in den Blog schreibe, sie wesentlich öfter zu mir führen werden, aber im Grunde ist es mir lieber, dass sie damit hier landen und ich was gegen manche Ansichten schreiben kann.
Sollte ich dennoch nicht von vorneherein ernst auf eine Suche eingehen, so bitte ich das zu verzeihen und den Leser, einfach weiter zu lesen, ich werde auf jede Suche, die ich hier einstelle, ernsthaft eingehen, nur vielleicht nicht gleich immer von vorneherein.

Hinweis: Die Auswahl der Suchen, die ich hier behandeln werde, ist rein subjektiv, nicht zwingend repräsentativ und in keinem Fall vollständig! Die Reihenfolge der hier behandelten Ergebnisse lässt übrigens keinerlei Rückschluss auf die Häufigkeit der Suchtreffer zu.

“mit autisten zurechtkommen”, “wie geht man mit autisten um”

Ich hab das Gefühl, ich werde diesen Satz in diesem und den folgenden Beiträgen noch gefühlte 200 Mal schreiben. Das ist eine Sache, die vielen Menschen augenscheinlich sehr schwer fällt, sie zu begreifen.
Es gibt keine allgemeingültige “Wasch- und Pflegeanleitung” für Autisten, die kann es gar nicht geben und sollte es sie je geben, kann sie im Grunde nur Mist sein. Es gibt keinen allgemeingültigen Autisten. Die Probleme von jedem Autisten liegen ein bisschen anders. Das bringt das Spektrum so mit sich.
Allgemein kann ich aus meiner Perspektive nur sagen, dass Rücksicht und Verständnis wohl nicht allzu falsch sind. Das sind sie übrigens genau so wenig, wenn das Gegenüber kein Autist ist. Im Grunde würde ich mich erst einmal wie immer verhalten, auch wenn Menschen mit dem überschwänglichen Drang zu umarmen und anzufassen diesen Drang im Griff haben sollten, solange sie nicht wissen, dass der betreffende Autist damit grade kein Problem hat. Allgemein sollte man versuchen darauf zu achten ob bei Dingen wie Redewendungen und ähnlichem Verständnisprobleme auftreten und diese im Zweifelsfall meiden.
Je nachdem wie offen der Umgang mit dem Autismus ist, kann es manchmal auch ganz einfach helfen nachzufragen ob irgendwas stört, oder nachzufragen wenn man das Gefühl hat, dass etwas als störend empfunden wird.

“kann man autismus heilen”, “heilung von autismus”

Knappe Antwort: Nein, bisher gibt es noch keinerlei Heilung für Autismus. Die meisten Autisten die ich kenne, könnten auf diese Heilung auch sehr gut verzichten. Ich auch. Ich sehe Autismus als nichts an, das geheilt werden muss, es ist eine andere Wahrnehmung, die mal Vor- und mal Nachteile mit sich bringt.
Das heißt aber nicht, dass man, wenn es einem mit dem Autismus schlecht geht, man den Rest seines Lebens in diesem Zustand gefangen ist. Es gibt Möglichkeiten, mit den Problemen die der Autismus mit sich bringt besser umgehen zu lernen und diese zu kompensieren. Auch das klappt nicht bei jedem im gleichen Umfang, und nicht bei jedem mit den gleichen Mitteln, aber es ist auch definitiv kein Ding der Unmöglichkeit.

“autisten anfassen”

Wie ich weiter vorne in diesem Text schon andeutete, haben viele Autisten ein Problem damit berührt zu werden. Das gilt nicht immer und nicht für alle Autisten, es gibt sicherlich auch für Autisten Situationen, in denen Berührungen als angenehm empfunden werden. Wann das ist und wie das aussehen würde ist allerdings auch hier wieder von Autist zu Autist unterschiedlich.

“wie kann man herausfinden ob man ein autist ist”

Der zuverlässigste Weg dies herauszufinden ist im Grunde nur eine offizielle Diagnose.  Die Wartelisten dafür sind dummerweise vielerorts sehr lang. Das Problem hierbei ist, nicht jeder der theoretisch eine solche Diagnose stellen dürfte, ist auch qualifiziert dazu. Man hört leider immer wieder von Ärzten, die Kinder und Eltern wieder nach Hause schicken, wenn das Kind ihnen in die Augen schaut, weil es dann ja kein Autist sein kann. Daher sollte man nur Stellen aufsuchen, die sich auf Autismus spezialisiert haben. Im Netz gibt es dazu einige Listen, die auch Erfahrungsberichte beinhalten.
Alternativ gibt es im Internet einige sogenannte Selbsttests, mit denen man mit einigen Fragen zumindest Tendenzen aufzeigen kann. Diese Tests ersetzen allerdings keine Diagnose und sind keinesfalls etwas exaktes welches einem die Gewissheit gibt ob man Autist ist oder nicht.

Aspie-Quiz bei rdos.net, Asperger-Test bei Psychotherapiepraxis.at, Verschiedene Tests bei aspergia.de (Zu diesen Selbsttests hier nochmal an anderer Stelle ein Kommentar von mir: Link )

“wie kann man bewegungen beim autismus verhindern”

Eine Suche bei der ich sehr hoffe, dass die nächste Suche nicht “Betonmischer mieten” lautete. Zum Eingehen auf diese Suche gehe ich mal davon aus, dass die stereotypischen Bewegungen gemeint sind, wie schaukeln mit dem Oberkörper, oder wippen mit dem Bein.
Der Tipp den ich dazu geben kann ist: Holen Sie sich Hilfe und vergessen Sie alles was Sie in irgendwelchen Pädagogikforen dazu gelesen haben. Es mag sein, dass die dort empfohlenen Dinge vielleicht sogar helfen, aber niemand im Internet kennt ihre Situation. “Kochbuchpädagogik” kann manchmal noch viel mehr kaputt machen, als dass sie hilft.
Die Gründe für solche Bewegungen können vielfältig sein, im einfachsten Falle Anspannung und/oder Stress. Sie sind in den seltensten Fällen grundlos, auch wenn einem selbst oder Außenstehenden diese Gründe nicht immer klar sind.

Von der richtigen Kritik, oder wie bringe ich die Leute dazu mir zuzuhören

Wer sich ein bisschen mit Autismus auseinandersetzt und ansonsten auch regelmäßig sich mal aktuelle Zeitungsartikel zu Gemüte führt wird feststellen, dass das Adjektiv “autistisch” immer mal wieder gerne verwendet wird, um politische Gegner oder ihre Positionen herabzusetzen, so wirft man Merkel gerne mal “politischen Autismus” vor. So etwas ist nicht nett und auch mir als Autist wird da jedes mal anders bei, wenn ich feststelle, dass meine Diagnose scheinbar zur Beleidigung verkommt. Das ganze ist aber alles andere als ein neues Phänomenen mit vielerlei Krankheiten, Behinderungen und Beeinträchtigungen. So ist zum Beispiel “Spasti” schon lange in den Sprachgebrauch vieler Menschen übergegangen, wenn man jemanden beleidigen möchte.

Doch darauf möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen. Es gibt noch andere Situationen, in denen der Begriff Autismus verwendet wird. Um die Charaktereigenschaften eines Menschen zu umschreiben, der besonders in sich gekehrt ist. Auch dies kommt häufiger vor, es ist aber ein himmelweiter Unterschied zu dem oben beschriebenen.
Man sollte differenzieren, ob man den Begriff des Autismus so einsetzt, um das gegenüber zu diskreditieren, oder ob man den Begriff des Autismus benutzt, um einen Zustand zu beschreiben. Während im ersten Fall keine besondere Phantasie vonnöten sein sollte um dahinter zu kommen, dass man grad einer Menge Autisten vor den Kopf gestoßen hat, nicht unbedingt aber wenn man den Begriff verwendet hat um einen Zustand der Introvertiertheit zu  beschreiben.

Die Frage die sich in solchen Situationen stellt, ist wie gehe ich damit um. Eine Möglichkeit, die immer wieder gerne favorisiert wird, ist “immer druff” und erst mal davon ausgehen, dass das Ganze in voller Absicht geschah. Ich kann sicherlich verstehen, dass man nach einigen Jahren keinen Bock mehr hat und auch die Nerven vor lauter Falschverwendung des Wortes an diesem Punkt relativ dünn sind. Von daher habe ich durchaus Verständnis dafür, dass, wenn der Begriff Autismus benutzt wird um einen Gegner herabzusetzen, man da schon einmal ein wenig aus der Fassung gerät. Auch mir geht das so.
Das sehe ich allerdings nicht so, wenn Autismus als wertfreie Eigenschaft verwendet wird. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass man viel mehr erreicht, wenn man versucht das Gegenüber aufzuklären und ihm erklärt, warum das jetzt grade irgendwie nicht ganz so toll war das Wort zu verwenden. Auf diese Weise haben sich bei mir schon einige Diskussionen und auf jeden Fall eine Menge Verständnis ergeben. In den meisten Fällen steckt dahinter einfach nur Unwissenheit, die man beseitigen kann, wenn das Gegenüber bereit ist einem zuzuhören, was es wesentlich häufiger ist, wenn man ihm vorher keine böse Absicht unterstellt hat.
Sollte das Gegenüber dann das Ganze doch absichtlich und in vollem Wissen getan haben, so kann man immer noch wütend werden.
Für mich ist dies auch eine Sache von gegenseitiger Toleranz, wenn ich von anderen erwarte, dass sie über meine Fehler und Macken hinwegsehen, oder einfach erklären was schief ging, so muss ich auch zeitgleich von mir selbst Nachsicht für die Fehler der anderen erwarten und erklären statt verurteilen.
Autismus ist längst nicht so bekannt wie es sollte, dessen muss man sich bewusst sein, wenn man mit anderen redet. Immer. Das wird man auch nicht ändern, wenn man die Leute durch eine aggressive Haltung davon abschreckt sich mit Autismus zu beschäftigen.

Von Missverständnissen

Falschverstehen kann man lernen.

Doch langsam. Nonverbale Kommunikation ist eine ewige Baustelle. Es ist neben den Reizüberflutungen der Punkt, an dem einem (beziehungsweise mir zumindest) der Autismus immer wieder bewusst wird. Man kommt nicht drum herum. Eine Zahl, mit der man Menschen immer wieder erstaunen kann, sind die 80% der Kommunikation, die nicht verbal stattfinden. (Sagt zumindest Wikipedia, die Zahlen schwanken je nachdem wo man liest, auf jeden Fall ist es der weitaus größere Teil.) Es gibt ganze Wissenschaften, die sich mit der Kommunikation beschäftigen. Die meisten Schüler werden im Rahmen ihres Deutschunterrichts mit Modellen von Watzlawick und Schulz von Thun gequält. Auch ich hatte in den diversen Jahren meiner Schuldbildung gleich mehrfach das Vergnügen, mich damit zu beschäftigen und Klausuren beziehungsweise Klassenarbeiten darüber schreiben zu dürfen.
Als ich mich das erste mal mit diesen komischen Modellen auseinandersetzte, war ich sehr skeptisch. “Das ist doch Schwachsinn, niemand würde soviel Mist in eine Nachricht hineininterpretieren. Warum sollten die Leute so um den heißen Brei herumreden?” Ich glaub, es hat in der Klassenarbeit damals für eine knappe 3 gereicht.

Weiterlesen…

Autism starts affecting babies’ brains as early as 4 months old

Man spielte mir heute morgen einen ziemlich interessanten (englischen) Artikel zu Forschung der Ursachen von Autismus zu. Ich las im ganzen Artikel nicht nicht einmal das Wort “cure”, was allein durchaus schon Potenzial hat mich zu begeistern. Ansonsten scheint sich zu bestätigen, dass es nicht eine Ursache, sondern eine Kombination aus vielen Faktoren ist. Spannend ist noch der folgende Abschnitt:

David Amaral of U.C. Davis says that changes in brain growth associated with regressive autism are observable as early as 4-6 months of age, long before any behavior changes show up. "Precocious" brain growth and larger head diameters in those early months are associated with regression.

(Wenn mir irgendwer das deutsche Pendant zu “regressive autism” mitteilen könnte wäre ich übrigens echt dankbar. Wiki hat dazu zwar einen englischen Artikel, aber der hilft mir nicht wirklich weiter.)

Schaut jedenfalls so aus, als wird es eng für unsere Impfgegner, da laut dem Artikel die Impfung die Autismus auslösen soll erst mit 12 Monaten verabreicht wird.
Außerdem ist noch zu erwähnen, dass das Alter in dem Autismus erkannt werden kann zunehmend nach unten geht.
Ist natürlich immer die frage was steckt wirklich hinter den Studien, aber alles in allem stimmt mich dieser Artikel vorsichtig optimistisch, was die Richtung angeht in die geforscht wird.

Nachtrag: Eine hier nicht näher zu nennende Fachkraft hat mir folgende Erklärung zu “regressive autism” zur Verfügung gestellt:

Regressive Autism bezeichnet Formen von Autismus, die mit einer Entwicklungsregression einhergehen, d.h., bei denen Kinder (scheinbar) Fähigkeiten, die  zunächst entwickelt wurden, dann wieder verlieren.