“Jeder Autist ist anders”
Wenn ich für jedes Mal, das ich diesen Satz jemandem schrieb einen Euro bekommen würde könnte ich jetzt wohl ohne Weiteres von den Zinsen leben. Weniger motivierend ist wohl die Fragestellung wie viele der Personen, die diese Nachricht von mir erhielten sich auch wirklich erfasst und begriffen haben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die meisten Menschen da selbst wenig dafür können. Sie brauchen einfach eine klare Struktur die ihnen sagt wie sich die Menschen in der Schublade verhalten in die sie gesteckt wurden.
An dieser Stelle möchte ich darüber schreiben an welcher Stelle ich mich wohl von dem klassischen Bild des Autisten abhebe, um einfach mal ein Beispiel zu geben, dass es eben nicht so einfach und klar ist.
Ich habe einige Jahre meines Lebens ehrenamtlich in der Kinder und Jugendarbeit gearbeitet. Es ist laut, es ist Stress, nicht viele kämen wohl auf die Idee dort einen Autisten zu suchen. Ich mochte es, sicherlich brachte ich nicht die selbe Leistung wie viele andere der Mitarbeiter, vor allem weil ich zwischen einzelnen größeren Terminen Regenerationsphasen brauchte, aber ich mochte es. Im Nachhinein drängt sich mir der Vergleich zu Extremsportlern auf, bei denen das meiste von dem was er tut für Außenstehende an Selbstfolter grenzt. Kinderfreizeiten waren so eine Art Bungeejumping für mich.
Diese Termine waren Stress für mich, aber eine Art von Stress die ich als nicht negativ Empfand, ich konnte mich auf diesen Stress vorbereiten und einstellen. Ich empfand es als eine Reinigung des Systems.
Später kam ich dann dazu, dass ich bei solchen Veranstaltungen die Technik machte, Beamer, Ton, Licht, etc. Dies hatte diesen Effekt noch eine Spur stärker.
Diese ganzen Erfahrungen hatten einen unheimlichen Vorteil, ich entwickelte eine gewisse Flexibilität, die wohl als absolut untypisch gilt. Es ist für mich zwar immer noch eine halbe Katastrophe wenn mal wieder nichts so läuft wie ich es geplant habe, aber es wirft mich nicht mehr aus der Bahn, ich bin in der Lage weiter zu machen und kurzfristig Alternativpläne auszuarbeiten. Meistens merke ich dann erst abends wie viel Kraft mich das Ganze gekostet hat wenn ich um 9 tot ins Bett falle.
Für gewöhnlich endet dieses Thema damit, dass ich mir anhören muss ich sei kein Autist und fehldiagnostiziert. Ich denke aber, dass viele Autisten eben nicht in jedem Punkt dem typischen Bild entsprechen. Autismus ist ein Spektrum das sollte man nicht Vergessen.
Aussagen die mit “Alle Autisten…” oder vergleichbaren Phrasen beginnen haben ein hohes Potential falsch zu sein.