Author: Benjamin Falk

Liebe Wunderweib Redaktion

In der Kategorie “Fit & Gesund” auf Ihrer Website findet sich unter der Rubrik “Krankheitsbilder” ein Artikel über Autismus (Vorsicht: der ist mal wieder nicht grad Blutdrucksenkend). Zuallererst ist die Kategorisierung schon durchaus problematisch, da Autismus laut ICD-10 zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gezählt wird. Ebenso kann man Autismus als Behinderung betrachten. Autismus als Krankheit zu bezeichnen ist jedoch falsch.
Der Artikel beginnt mit den Sätzen:

Unter Autismus versteht man die krankhafte Abkehr von der Umwelt. Eine unsichtbare Mauer trennt Menschen, die unter Autismus leiden, von ihrer Umwelt.

Zuallererst bin ich erfreut, dass Sie an dieser Stelle zu einer Bilderserie verlinken in der unter Punkt 7 der Impfmythos als Mythos aufgeklärt wird. Leider bedient dieser Satz dafür einige andere sehr beliebte Klischees, die in dieser Form falsch sind.
Autismus ist ein Spektrum, von dem es viele Formen und Abstufungen gibt. Die hier beschriebene “krankhafte Abkehr von der Umwelt” ist nur ein Extrem des Autismus. Ebenso, das sehr dramatische Bild von der “unsichtbaren Mauer”. An dieser Stelle würde mich interessieren, woher sie diese Information beziehen. Viele Autisten sind durchaus in der Lage mit ihrer Umwelt zu kommunizieren und zu interagieren, Ich selbst bin Autist und keine unsichtbare metaphorische Mauer hinderte mich daran, ihren Artikel zu lesen und ihnen jetzt diese Email zu schreiben. Außerdem halte ich es für etwas vermessen pauschal allen Autisten zu unterstellen sie würden an Autismus leiden. Ob jemand an/unter etwas leidet, sollte er selbst wissen.

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Autismus light

Mit zunehmender Bekanntheit von Autismus und Asperger stößt man auf diese Formulierung, gerade wenn es darum geht einen groben Überblick über das Thema zu verschaffen: “Wie Rainman nur nicht ganz so schlimm”

Diese Beschreibung ist nicht unproblematisch und meiner Meinung nach auch an den Tatsachen vorbei. Ich denke nicht das man pauschal sagen kann das Asperger-Autismus eine “leichtere Form” von Autismus ist. Außerdem bringt sie eine Wertung hinein, eine Abwertung von Problemen. Es gibt sicherlich einige Asperger-Autisten auf die das zutreffen mag. Meiner Meinung nach angemessener wäre die Formulierung unauffällige Form von Autismus. Mit dieser Formulierung nimmt man zu allererst erst einmal keine Wertung vor.

Das Problem ist, dass nur weil man etwas nach außen hin weniger wahrnimmt es nicht unbedingt einfacher ist. Manchmal ist sogar das genaue Gegenteil davon der Fall. Die Tatsache das man nach außen hin als normal wahrgenommen wird kann oft dazu führen eine ganz neue Bandbreite an Problemen zu schaffen.
So kommt es zum Beispiel durchaus vor, dass, wenn man mit Menschen aus dem Bekanntenkreis darüber spricht, sie einem einfach nicht glauben. “Du steigerst dich da in etwas rein” oder “Du bist doch nur schüchtern”. Gegen solch eine Argumentation anzukommen ist alles andere als ein Spaziergang.
Außerdem ist es für viele Menschen, aus durchaus verständlichen Gründen, einfacher auf Dinge Rücksicht zu nehmen die ihnen auffallen. Ich wähle an dieser Stelle bewusst ein überzogeneres Beispiel:
Nicht viele werden mit einem Rollstuhlfahrer lange Diskussionen darüber führen, warum er keinen Halbmarathon läuft. Mich versuchen sie immer noch in irgendwelche Diskos zu schleifen.

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Lieber BR

Da habt ihr aber mal wieder tief in die Verallgemeinerungsschublade gegriffen. (Vorsicht Link kann zu Bluthochdruck führen, tut euch den Gefallen und klickt ihn nicht wenn ihr gute Laune habt und sie behalten wollt). Den Teil mit dem Autisten der selbst erzählt lass ich euch durchgehen, auch wenn ich ihn echt nicht zwingend als repräsentativ sehen würde.
Unangenehm wird es dann aber mit Ina Stein, wenn ich darüber nachdenke das diese Frau Autisten und Eltern helfen soll wird mir anders.

Autisten leben in ihrer ganz eigenen Welt. Sie haben eine Fantasiewelt, die wir aber nicht nachvollziehen können, die wir nicht begreifen können und die auch selber nicht ausdrücken können. Es ist klar wenn man nicht kommunizieren kann miteinander und das kann man mit vielen Autisten nicht, dann ist es logisch das man da hilflos gegenüber steht.

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Hawkeye – a blessing, and a curse

Ich hatte mich überwunden ein Interview zu geben, als ich auf die Frage stieß, was Autismus für mich ist beziehungsweise für mich bedeutet. Die vorherigen Fragen waren allesamt nicht neu für mich gewesen und ich hatte sie mit einer gewissen Routine beantwortet. Diese hier nicht.

Was ist Autismus für mich? Ich hab mittlerweile schon häufig gesagt ich sei Autist, aber darüber, was es ganz privat für mich ist und was es für mich bedeutet, hatte ich noch nie nachgedacht. Wohl auch durch meine verhältnismäßig frühe Diagnose blieb der große Schock “Oh mein Gott, es ist Autismus” aus. Natürlich merke ich schon etwas davon, wenn ich volle 10 Minuten erfolgreich an einem Kommilitonen vorbei rede oder wenn ich nach 9 Stunden FH nicht mehr in der Lage bin, noch irgendetwas außer unförmigen Flecken wahrzunehmen. Aber war das schon alles? Ich prokrastinierte die letzte Frage, aber unterbewusst blieb sie hängen.

Irgendwann später kam mir das Monk-Zitat “It’s a blessing, and a curse” in den Sinn. Der Gedanke hatte etwas. (Erspart uns bitte alle die Monk-Autismus-Debatte, es geht mir lediglich um diesen Gedanken). Ich denke nicht nur über meinen Autismus und seine Auswirklungen nach, wenn es schlecht läuft. Inzwischen saß ich in meinem Schaukelstuhl und ignorierte das Mittagessen, welches vor meinem Rechner stand. Meine Gedanken hatten sich verselbstständigt.

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Autoren gesucht: Mein Autismus (in 500 Worten)

[Hinweis: Aktuell werden für die Reihe 500 Worte keine neuen Beiträge angekommen. Sollte sich das in Zukunft ändern, werde ich auf dieser Seite weitere Informationen dazu veröffentlichen.]

Was bedeutet dein Autismus für dich?

Diese Frage wurde mir im Rahmen eines Interviews für eine Abschlussarbeit über Autismus gestellt. Eine Frage die ich mir bisher noch niemals so gestellt hatte, die mich aber nicht mehr so schnell losließ. Es ist keine einfache Frage allein schon weil sie viel Selbstreflexion erfordert.

Ich habe mich entschlossen aus dieser Frage eine eigene Reihe zu machen, in der ich Autisten genau diese Frage stelle und sie in bis zu 500 Wörtern ihre Sicht auf ihren Autismus und die Bedeutung davon im Alltag schildern lasse. Was bedeutet es im Alltag, Autist zu sein?

Auf diese Weise soll ein Mosaik aus Einzelsichtweisen ein Bild von Autismus schaffen welches von den Menschen geprägt wird die Autismus tagtäglich erleben und mit ihm Leben.
Vor allem aber soll es eines deutlich machen: Autismus ist ein Spektrum, jeder nimmt ihn anders wahr, für jeden bedeutet er etwas anderes.

Um möglichst viele Sichtweisen zu zeigen benötige ich Autisten die sich dazu bereit erklären sich der Herausforderung zu stellen und dazu etwas schreiben. Wenn ihr euch beteiligen möchtet schickt mir eine Mail an:

500worte@realitaetsfilter.com

[Änderung 14-07-2012: Emailadresse editiert]

Autismustag Potsdam 2011

10:24 Erster Vortrag nach der Eröffnung durch Thomas Barta (Leiter d. Abteilung Gesundheit, Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg). Erster Eindruck auf mich ist, dass sich das hier vorrangig an Eltern richten wird. Barta sprach von Leiden und Erkrankung. Normalerweise bin ich da nicht empfindlich, aber ab einer gewissen Häufigkeit bekommt es einen wirklich unangenehmen Beigeschmack. Im Moment hält grade eine Mutter gemeinsam mit ihrem 20 jährigem Kind einen Vortrag. Interessante Widersprüchlichkeiten zwischen den Erzählungen und den Wahrnehmungen von Kind und Mutter. Deshalb sollte man die Arbeit von und mit Autisten und Eltern von Autisten nicht unbedingt trennen.

11:47 Vortrag von einem Autisten zu einem Stressbewältigungskonzept, von dem man halten kann was man will, aber er ist in der Lage anschaulich zu erklären. Das Konzept hat auf jeden Fall wohl einige interessante Ansätze (zumindest in der Form in der es hier dargestellt wurde) über die es sich durchaus lohnt nachzudenken. Er korrigiert meinen bisherigen Eindruck, dass der Fokus vorrangig auf Eltern und Fachkräften liegt.
Die Raumplanung entpuppt sich zunehmend als problematisch, da Infobörse und Vortragssaal in der gleichen Turnhalle liegen und nur durch eine Vorhangwand getrennt werden. Was wohl relativ kurzfristig gemacht wurde aufgrund der hohen Teilnehmerzahl. Es ist schwer sich auf einen Vortrag zu konzentrieren, wenn irgendwelche Spielzeuge Affengeräusche im Hintergrund machen, warum auch immer ein Elternverband diese am Infostand benötigt.
Nachtrag: In der Fragerunde kamen grad interessante Fragen zur Quecksilberausdünstung von Energiesparlampen und ob dieses Konzept auch gegen Elektrosmog hilft. Ich lasse das jetzt einfach mal unkommentiert so stehen.

13:45 Die Mittagspause neigt sich dem Ende. Nach mehrmaligen Hinweisen der Organisatoren ging der letzte Vortrag von Hajo Seng über autWorker fast ohne das Geschrei von Affen hinter dem Vorhang vorbei. Insgesamt war der Vortrag bei dem es um die Berufschancen von Autisten ging für mein Empfinden überraschend leer im Vergleich zu den vorherigen Vorträgen. Ob das an der sich zum Mittag neigenden Zeit oder den, nach der letzten Fragerunde von mir recht hoch geschätzten Zahl der Eltern, bei dessen Kindern wohl eine stärkere geistige Beeinflussung vorliegt lässt sich schwer sagen.
Der Vortrag selbst war gut gemacht und beschäftigte sich mit den Aspekten der Integration und wie sie funktionieren kann. Für mein Empfinden einige sehr schöne Aspekte und vor allem die nicht zu unterschätzende Erkenntnis, dass Integration bedeutet, dass beide Seiten aufeinander zukommen müssen.
Das Publikum hier ist insgesamt recht bunt gemischt, einige Fachkräfte, viele Eltern aber auch Jugendliche und Kinder dazwischen.

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Awareness is not enough.

We (The Autism Community) need for you to know what Autism is.
We can only achieve that through Autism Understanding and Acceptance.
Awareness of autism has risen dramatically in the past few years, and awareness is certainly a good place to start. Increased awareness has helped parents get earlier diagnoses for their children, and it has helped secure funding for research. However, it hasn’t done much to change public perception of what autism really is.
This is a call out to the world to understand the people and the disorder.
This is a call out to the world to accept the people and the disorder.
You can not understand or accept the people until you understand and accept the Autism they have.
Autism is a part of who they are.
The media has focused almost entirely on children with autism – but children grow up. In a society where one in 110 children is diagnosed with autism (the latest figures from the Centers for Disease Control), no one can afford to ignore the significance of this disability. People with autism are children, teenagers, adults, men, women, scientists, programmers, engineers, unemployed, in care homes … too many of them continue to be bullied, to be judged, or to just be ignored.
Each person is unique. Each person has their own unique set of strengths and weaknesses just like you or I.
The charities, the organizations, the groups, the parents, the people with Autism themselves… we ask you… no, we need you to know what Autism really is.
Today, we ask for your Autism Understanding and Acceptance.
This is what Autism is to me…

Dies ist ein offener Brief eines Zusammenschlusses von verschiedenen Organisationen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, dass Autismus nicht nur wahrgenommen, sondern auch akzeptiert und verstanden wird.
Link (Link führt zu Facebook)

Ich werde heute zu diesem Thema nichts bloggen, auch wenn ich allen diese Aktion sehr ans Herz lege. Der Grund dafür ist, dass ich schon länger eine vergleichbare Reihe für dieses Blog plane, in der Autisten ihre eigene Sicht auf ihren Autismus darlegen. Auf diese Weise soll ein Mosaik entstehen. Diese Aktion möchte ich im Rahmen dieses Projektes ankündigen.

Wer daran teilnehmen möchte kann sich übrigens gerne mit der Kommentarfunktion bei mir melden. Einfach einen kurzen Kommentar mit gültiger Mailadresse hinterlassen. Ich werde weder Kommentar, noch Mail veröffentlichen.

Offener Brief an Nicole Schuster

Sehr geehrte Frau Schuster,

Sie haben mit ihrer offenen medialen Art viel dazu beigetragen, dass die Thematik Autismus und Asperger Syndrom von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Wir begrüßen, dass Sie auch auf Ihrer Homepage versuchen mit gängigen Klischees und Vorurteilen über Autismus aufzuräumen. Sie schreiben auf Ihrer Homepage:

„Ich habe als Jugendliche die Diagnose Asperger-Autismus erhalten und setze mich seither für Menschen mit Autismus ein. Gegen die vielen Vorurteile in der Gesellschaft möchte ich ankämpfen. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die offener ist für Menschen, die wie viele Asperger-Autistin, ein bisschen anders sind.“

Ich denke hier gibt es weder Kritik noch wird Ihnen jemand ernsthaft widersprechen. Im Gegenteil: Man muss sich freuen, dass es Autisten gibt die die Stärken Ihrer persönlichen Kommunikationsfähigkeiten nutzen um sich für andere Autisten einzusetzen.

Ein anderes wirklich bedeutendes Zitat von Ihrer Homepage sagt:

„Autismus macht vieles schwerer. Er darf aber nie ein Grund sein, aufzugeben.“

Dem können sicher die meisten Autisten zustimmen.

Nun hat eine gewisse mediale Präsenz und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit auch Nachteile. Man wird schnell selbst zu einem Muster für das wofür man steht und jedes Wort wird umso gewichtiger genommen.

Umso unverständlicher ist es wenn Sie schreiben:

„Als Autistin bezeichne und fühle ich mich nicht mehr. Diagnosen können zwar einem helfen, ein Stück seins Lebenswegs zu bewältigen. Sie sollten aber nie als unabänderliches Schicksal aufgefasst werden.“

Hierzu möchten die Unterzeichner dieses offenen Briefes folgendes anmerken:

1)    Es entsteht der Eindruck, dass Autismus geheilt werden kann. Autismus kann nicht geheilt werden, und selbst wenn dies möglich wäre würden viele Autisten es gar nicht wollen.

2)    Es entsteht des Weiteren der Eindruck, dass man seinen Autismus besiegen bzw. überwinden kann. Auch dies kann fatale Folgen für Autisten haben! Anstelle der von Ihnen angestrebten Offenheit gegenüber Autismus erreichen Sie hier eher den Trend zum Satz „Stell dich nicht so an, Autismus kann man überwinden!“ Es sollte mehr reflektiert damit umgegangen werden, Autismus ist nicht nur von Nachteilen begleitet. Man sollte den Autismus nicht überwinden, sondern damit umgehen lernen.

3)    Sein Leben als Autist zu meistern bedeutet nicht das man sich seinem unabänderlichen Schicksal hingegeben hat! Man kann auch indem man zu seinem Autismus steht, stetig daran arbeiten besser damit umzugehen.

4)    Wenn Menschen die mit Ihrem Autismus gut zurechtkommen diesen verleugnen bzw. in den Hintergrund drängen entsteht ein falsches Bild von Autismus! Wir denken das sie als Vorbild viel mehr erreichen könnten in dem sie sagen „Ich bin Autist, aber schaut, man kann damit Leben“ Meinen Sie nicht, dass eine erfolgreiche Autistin in der Öffentlichkeit mehr für Autismus bewegen und erreichen kann als jemand der nun sein Leben erfolgreich lebt aber die Bezeichnung „Autist“ ablegt? Es geht nicht darum stolz auf den Autismus zu sein, aber zu zeigen das man auch mit Autismus und dem gleichzeitigen offenen Bekenntnis „Ich bin Autist!“ der Gesellschaft zeigen kann: Autismus kann auch etwas positives sein!

Wir würden uns freuen, von ihnen zu hören und wenn sie über die Wirkung dieser Aussagen von ihnen nachdenken würden.

Gezeichnet

Querdenkender, Hawkeye, fotobus (alle Autisten) und alle die diesen Beitrag unterschreiben

Nachtrag: Auch wenn das eventuell an anderer Stelle so interpretiert wurde, kritisieren wir nicht Nicole Schusters Entscheidung, sondern die mögliche Wirkung der Aussage auf andere Menschen.

Wer diesen Brief mit zeichnen möchte kann gerne einen Namen und ggf. einen Link in den Kommentaren hinterlassen.