Autistisches Lernen

Heute mal ein Blogpost in eigener Sache.

Ich bin im Moment, gemeinsam mit anderen, dabei zu recherchieren wie Autisten lernen und ob es sowas wie ein autistisches Lernverhalten gibt.
Das Material dazu ist relativ dürftig, und da es nichts bringt, wenn ich einfach nur von mir auf alle anderen Autisten übertrage, wende ich mich vertrauensvoll an meine Leser.
Die Fragestellung lautet:

Wie könnt ihr am besten lernen?

Könnt ihr tendenziell eher

  • über das Lesen von (auch zusammenhanglosen) Listen, oder
  • über das Lesen von Fließtexten Zusammenhänge erfassen, oder
  • über das Ansehen von Grafiken/Bilder Zusammenhänge erfassen, oder
  • über das Zuhören (wenn jemand etwas vorträgt) inhaltlich verstehen, oder
  • über das Abstrahieren und denken in Metaebenen

Dinge behalten?

Wie lernt ihr, wenn ihr etwas lernen müsst oder lernen wollt?

Schreibt bitte dazu, was für eine Form von Autismus bei euch diagnostiziert wurde, für den Fall das sich herausstellt, dass es dort Unterschiede gibt. Je mehr Autisten sich daran beteiligen, desto repräsentativer wird das Endergebnis.

Ihr könnt eure Antworten entweder direkt hier als Kommentar veröffentlichen (wenn er nicht freigeschaltet werden soll, schreibt dass bitte dazu), oder ihr schickt eine Mail an kontakt@realitaetsfilter.com

Vielen Dank an alle, die sich beteiligen.

14 thoughts on “Autistisches Lernen”

  1. Daniela

    also ich bin Verdachts-Asperger in Kombination mit diagnostiziertem ADS.

    ich lerne am besten durch lesen von listen, auch texten..aber die lese ich quer.. verschlucke dadurch manche info.

    die beste variante ist bei mir aber lernen durch tun.
    ich schaue mir meist ein zweimal an, wie es gemacht wird und kann es dann.. oder ich probier einfach und meist hab ich das auch ganz schnell.

    voraussetzung ist allerdings, dass mich der stoff interessiert. ansonsten kann ich zigmal lesen und werde doch nix behalten 🙂

  2. Barbara

    Bei mir wurde Asperger Syndrom diagnostiziert.

    Ich lerne am allerbesten über „Learning by doing“, ansonsten am ehesten über Listen und / oder Grafiken.

  3. Sherly

    Ich lerne gut mit Fließtexten & learning by doing.
    Wenn ich lernen muss, benutze ich eine Assoziationsechnik. Ich verbinde den Inhalt aus dem Unterricht mit betimmten Bildern, die ich dann „speichere“.

    Habe Diagnose Hochbegabung und starken Selbstverdacht auf Asperger Syndrom.

  4. tageshauscaos

    ich Lerne am schnellsten, wenn ich Sachen verbildliche.
    Zb. Vokabeln lerne ich in dem ich die zu lernenden Wörter real auf meinen Tisch lege.
    ich lerne am schnellsten wenn alles für mich Fühlbar, anfassbar, begreifbar, real ist.
    Denn roher Text ist in der Regel nur schwer erfassbar,noch schwerer wird das bei einem Bildergedächtnis. So halte ich es auch bei meiner Tochter, selbst Japaner rechnen mit dem Rechenschieber schneller wie nur mit blanken Zahlen.

  5. Carina

    Ich lerne am besten durch praktisches Wiederholen. Therorie wie z.B. Mathe lerne ich am besten durch handschriftliches Abschreiben. Inhalte aus Fließtexten oder Listen fasse ich in eigenen Worten zusammen und schreibe sie auf, dann sind sie für lange Zeit gespeichert.

    Praktische Tätigkeiten wie z.B. Nähne lerne ich, indem ich sie mir einmal anschaue oder ganz viel darüber lese und sie dann einmal selbst, alleine und ohne fremde Kommentare durchführe.

    Reines Lesen hilft mit beim Lernen gar nicht, Zuhören noch weniger. Ich merke mir Neues erst, wenn ich es einmal selbst aufgeschrieben bzw. gemacht habe.

  6. Mela

    Asperger Syndrom/ADS

    Mir kommt eine Lernweise entgegen,die auf Abwechslung setzt, wie die Materialien der Open University sie bieten. Fließtext, abwechselnd mit Bildern oder Diagrammen (wo es passt), ausserdem Lernvideos.
    Sehr schlecht lerne ich rein durch Zuhören. D.h. Inhalte die ausschließlich als Audio-Datei zur Verfügung stehen, fordern mehr von meiner Aufmerksamkeit als ich meist aufbringen kann.

    Das Problem habe ich auch bei Frontalunterricht -> Mind goes Screensaver.

    Recht gut lerne ich durch eigenes Niederschreiben (mit der Hand) und am besten lerne ich, in dem ich aktiv mit dem Thema arbeite -> Essay schreiben/Präsentation vorbereiten etc.

  7. Mela

    Bzw. Gruppenarbeiten -> Hölle. Oder mindestens Vorhölle. Da bleibt vom Gelernten fast gar nichts hängen, weil die Konzentration auf die Gruppe soviel Hirnschmalz verbraucht.

  8. Mela

    Zwei Gruppenarbeiten im letzten Semester und ich kann mich nicht mal mehr an die Themen erinnern. Nuff said.

  9. fourierfilter

    Asperger-Syndrom (als Erwachsener dignostiziert, könnte also auch HFA sein…).

    Am besten lerne ich über das Ansehen oder auch selbst Anfertigen von Grafiken/Schaubildern/Diagrammen. Diese kann ich mir auch sehr gut und detailliert merken; auch wenn ich nachdenke, tue ich das am ehesten in Bildern (konkret wie Fotos oder relativ abstrakte Visualisierungen wie Diagramme).

    Das Lesen von Listen und Fließtexten funktioniert etwa gleich gut, aber schlechter als das Ansehen von Bildern – ich „übersetze“ Text in Bilder/Visualisierungen und merke mir diese bzw. analysiere und verstehe diese. Sind die Informationen einfach zu verstehen, ist das kaum Aufwand; bei komplexeren Dingen kostet das Zeit und macht diese Art zu lernen dann „ineffizienter“ als wenn es direkt Bilder zum Ansehen gibt.

    „Abstrahieren“ ist so eine Sache. Ich lerne gut durch ordnen und strukturieren (auch visuell), dabei ergeben sich natürlich manchmal dann höhere Struktur- oder Metaebenen. Ich fange beim Lernen immer mit konkreten Beispielen an, um zu sehen, wie eine Aussage „aussieht“; wenn ich den Sachverhalt verstanden habe, kann die Visualisierung aber ein stückweit entfernt vom konkreten Beispiel sein. Letztendlich es es aber immer bildlich und damit nicht völlig abstrakt…

    Lernen durch Zuhören funktioniert extrem schlecht, selbst wenn ich das Gesagte gut „höre“ (es also nicht ein reines „Processing“-Problem ist – das habe ich zusätzlich oft auch noch, dann kommt gar nichts an). Ich muss etwas „sehen“ oder selber machen, sonst nehme ich die Information kaum auf. Was in Vorlesungen oder Meetings geht, ist „Mitschreiben“ (ist bei mir oft eher „Mitzeichnen“ mit Stichwörtern) während etwas gesagt wird. Dann merke ich mir die Information aber eher durch meine Aufzeichnungen als durch das Hören selber.

  10. anonymous2

    Asperger, hochbegabt, Diplom-Mathematiker

    Generell lerne ich am besten in Abstraktionen – man kann fast sagen, je abstrakter der Stoff ist, desto leichter geht er bei mir (sobald ich ihn verstanden habe), in den Kopf hinein. Einfach, weil durch die Abstraktheit eine deutlich höhere innere Logik im Stoff vorhanden ist.

    Nun mag man einwenden, dass dies eher ein Argument ist, warum mir das Lernen von gewissem Stoff leichter fällt, aber nicht, wie ich am besten x-beliebigen zu lernenden Stoff behalte. Dieses Argument akzeptiere ich teilweise. In der Tat bevorzuge ich, wenn es mehrere Darstellungen des Stoffs gibt, häufig die abstraktere. Bei Sachen, die man nur stur auswendig lernen kann, weil keine abstrakte Theorie dahinter steckt, hilft dies natürlich nur eingeschränkt weiter.

    Doch zurück zur Abstraktion: so mancher Kommilitone fragte mich schon, wie ich so schnell mich in so etwas reindenken kann. Meine Antwort darauf ist ganz simpel (und stammt gar nicht mal von mir): einfach mal ein wenig lebhafte Fantasie entwickeln. Beispiel: was wäre wenn „A ist verliebt in B“ eine linkseindeutige Relation wäre (mögliche Antwort: allerhand doofe Story-Elemente von Kitschromanen würden verschwinden, da in jede Person sowieso höchstens eine andere Person verliebt ist; keine Rivalitäten, weil zwei Männer in die selbe Frau verliebt sind – stattdessen sitzen alle friedlich (wir haben uns ganz, ganz dolle lieb) ums Lagerfeuer und rauchen einen Friedensjoint 😉 ).

    Wenn diese Denkweise natürlich nicht weiterhilft und stures Auswendiglernen gefragt ist, dann versuche ich den Stoff gerne so minimalistisch zusammenzufassen, dass aus dieser minimalistischen Variante im Kopf noch der komplette Stoff rekonstruierbar ist (quasi alles, was nur „Füllmaterial“ ist weglassen und den Rest ultra-komprimieren). Manchmal kann man dies über mehrere Iterationen machen (also die komprimierte Variante wieder zusammenfassen). Irgendwann geht jedoch nichts mehr: dann hilft nur noch stupides Pauken. Am besten so etwas mit Humor nehmen (Beispiel: „der Zyklustyp einer Permutation ist konjugationsinvariant“ – ein so bescheuerter Satz, dass er einfach nicht aus dem Kopf geht (ähnlich wie gewisse schlechte Popsongs der 90er); wer das nicht witzig findet: man stelle sich vor, bei einem romantischen Date würde dieser Satz fallen).

    Was dabei herauskommt sind selten Listen – eher wild verzweigte Diagramme (ich finde Listen langweilig), so ein wenig a la verzweigte Literatur, wie sie Ted Nelson propagierte.

    In der Gruppe lernen mag ich wirklich nicht – ich habe, um ehrlich zu sein, noch nicht darüber nachgedacht, ob dies damit zusammenhängt

    a.) dass die „sozialen Prozesse“ in der Gruppe Aufmerksamkeit verlangen
    b.) ich einfach ein anderes Lerntempo habe als die meisten anderen Menschen (und um ehrlich zu sein, deswegen wenig von Erklärungen von anderen profitiere, die umgekehrt an den Stellen, an denen ich nicht weiterkomme, mir auch nicht helfen können)

    Dazu kann ich nur sagen: alleine lerne ich halt einfach schneller (obwohl ich dann mehr und leichter abgelenkt bin 😉 ).

  11. lambda

    Mich würde mal interessieren, ob ihr besser lernen könnt oder einfach „normaler“, wenn ihr kifft oder andere Drogen nimmt? Ich leide am Tourette Syndrom und studiere Physik. Ich persönlich glaube, dass ich auch ein wenig Asperger habe, aber wie kann man sich da sicher sein, wenn man TS hat und sowieso das Gefühl hat, dass man neben dem TS ganz anders denkt als andere?

    Diese dauernden Tics brauchen viel Energie um in der Öffentlichkeit unterdrückt zu werden. So weiß fast niemand meiner Kommilitonen, dass ich TS habe. Zudem kann ich nicht so konzentriert denken wie ich es will. Mir kommen ständig andere Gedanken etc. Bin einfach nicht entspannt genug, was beim Lernen nicht gut ist. Wenn ich Cannabis konsumiere, dann bin ich über meine Gedanken selbst erstaunt, weil ich konzentriert ein Problem immer mehr abstrahiere. SO ist es beim Lernen dann auch. Ich kann konzentriert mehrere Seiten lesen und denke über vieles dazu nach. Aber gerade in einem Physikstudium braucht man sowas.

  12. myasuro

    Hi,
    ich bin wie soll ich sagen unterdiagnostiziert. Von Selbstdiagnosen halte ich wenig (naja eigentlich nix), aber mir kommt es vor als würde ich anders denken wie andere.
    ich lerne fast nur über die Abstraction und Verständnis. Da ich jetzt Dipl. Ing. (FH) Ingeneurinformatik habe, und dort E-Technik, Maschbau und Informatik enthalten sind. kann ich mir nur wundern, warum alle anderen um Pneumatik, Hydraulik und E-Technik so ein Problem haben, für mich ist das das gleiche.
    Was garnicht geht sind sinnfreie Listen wie Einteilung in Gemüse und Obst zu lernen. Die Sprache (ausgenommen „richtige“ sprachen, wie ASM, C, C++“) macht schon immer Probleme. Und wenn man denkt man hat mal ne Regel dann gibt’s davon ne Ausnahme, Was zu sinnfreien Listen führt -> siehe oben.
    Was ich aber liebe sind Fachbegriffe. Ein Wort viel beschrieben, ist halt wie wenn man eine Kategorie einen Namen gibt.
    Bei „bewegenden“ Abläufen (also veränderlich also verlauf über die Zeit) geht viel über lautmalerische Hilfe zum Verstehen. Das ging teilweise soweit, dass ich in der Prüfung brummte und Pfeifte (hier nochmals eine Entschuldigung, hey da war ne Pumpe eingezeichnet und eine Handvoll von Ventilen und Zylinder, ich sollte den Qualitativen verlauf von Druck zeichnen, da muss die Pumpe laufen ).

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