dasfotobus – Sieh es so wie ich es seh

Ich prokrastiniere nun schon geraume Zeit, diesen Text zu schreiben, obwohl er mir durchaus wichtig ist.
Was ist Autismus für mich? Was ist „mein“ Autismus?
Ich weiß nun seit fast 1 1/2 Jahren, dass ich Asperger-Autist bin. Viele Fragen haben sich seitdem geklärt, viele neue Fragen kommen hinzu. Noch weiß ich wohl selbst längst nicht alles über mich und „meinen“ Autismus.

Ich bin spätdiagnostiziert. Auf einen Eigenverdacht hin. Sieht man meinen Autismus? Können Laien ihn sehen? Bekannte, Freunde, Familie, Menschen auf der Straße?
Ja und nein. Wer sich mit Autismus auskennt und länger Kontakt mit mir hat, wird ein paar autistische Verhaltenweisen bemerken. Wer sich nicht auskennt, sieht ein paar Macken oder Schrullen. Wer mich nur kurz sieht, sieht eventuell gar nichts von meinem Autismus, eventuell aber bemerkt er mich auch gerade in dem Moment, in dem ich leicht schaukelnd im Supermarkt vor dem Puddingregal stehe und einfach nicht weiß, was ich tun soll, weil mein Pudding nicht dort steht. Was Menschen denken, die eine solche Momentaufnahme von mir sehen, weiß ich nicht.

Jedenfalls kam in meinem ganzen Leben noch niemand zu mir und sprach mich auf Autismus an. Dies sehe ich begründet in einer Mischung aus zwei Dingen:
1. „Mein“ Autismus ist nicht gar zu auffällig.
2. Die meisten Menschen kennen das Asperger-Syndrom nicht oder nicht gut genug.

Der zweite Punkt ist es, der viele Asperger-Autisten dazu bringt, im Internet über Autismus zu erzählen. Solange Autismus derart unbekannt ist in seiner Vielfalt, sind viele von uns dazu gezwungen, unauffällig zu sein. „Ist doch gut, wenn du gar nicht so auffällst“, mag mancher Nicht-Autist nun denken, aber wie viel Kraft das mitunter kostet, weiß er nicht. Ich möchte, dass „mein“ Autismus sein darf. Dass er erkannt werden darf. Dass ich ich sein darf. Überall. Ohne Nachteile auf dem Arbeitsmarkt. Ohne mit Vorurteilen kämpfen zu müssen. Ohne Versteckspiel.
Das soll nicht heißen, dass sich die ganze Welt mir anpassen soll. Aber ich möchte und kann mich nicht immerwährend der ganzen Welt anpassen. Insgesamt ein besseres Miteinander wäre schön. Und dazu gehört, dass beide Seiten aufeinander zugehen und sich nicht immer nur eine verbiegen muss. Jeder Mensch muss sich in verschiedenen Situationen anpassen. Mehr Verständnis kann dies für alle vereinfachen.

Eins ist mein Autismus:
Immer bei mir, immer da, immer Teil meines Ichs.
Und eins ist er für mich:
Gar nicht so schlimm meist.

Ich lade dich dazu ein, es zu sehen wie ich:
Mein Autismus ist immer da, aber gar nicht so schlimm. Er wird weder dich noch mich beißen oder gar auffressen, wenn du ihn verstehen willst. Versuch es!


Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus“.

Alle Beiträge dieser Reihe kannst du hier nachlesen. Nähere Informationen zu dieser Reihe und dazu wie du dich beteiligen kannst findest du in diesem Artikel.

dasfotobus bloggt unter dasfotobus und twittert als fotobus.

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