Was macht meinen Autismus aus? Das ist eine sehr gute Frage, denn eigentlich weiß ich es nicht.
Ich weiß, dass ich vor meiner Diagnose ziemlich heftige Probleme hatte, wo niemand wirklich wusste wo die herkamen.
Daher war meine Diagnose für mich eher eine Art Erklärung, eine Erklärung für mein Sein und für meine Probleme, die ich mit meiner Umwelt ständig hatte.
Endlich erklärte mir mal jemand, warum und wieso das alles so ist.
Und eigentlich war es seitdem gar nicht mehr so schlimm.
Eine Begründung hatte ich ja nun, endlich hörten die Vorwürfe auf, ich könnte ja nichts und wäre nur faul. Nein, nun konnte jeder, der es wollte, schwarz auf weiß auf meinem Diagnosezettel lesen, dass ich nicht faul oder dumm sei.
Das tat meinen Selbstbewusstsein total gut.
Denn dieses war zum Schluss nicht einmal mehr vorhanden, ich bin herum geschubst worden und fühlte mich meistens wie die Kugel in einem Flipperautomaten. Kein schönes Gefühl.
Doch nach der Diagnose änderte sich das ein wenig, ich konnte endlich Stopp sagen und meine Grenzen endlich einhalten, das ging, weil ich ab da an meine Eigenheiten begründen konnte.
Ich habe da auch das erste Mal erfahren, dass es nicht nur negative Eigenschaften beim Autismus gibt, sondern auch sehr positive, und seitdem versuche ich diese Seiten von mir zu stärken.
Eigentlich gelingt mir das im Moment erstaunlich gut.
Ich habe auch viele neue Freunde gewonnen, ich hatte nicht mehr daran geglaubt. Doch unter meinesgleichen, den Autisten, musste ich feststellen, dass ich sehr wohl im Stande dazu bin, Freundschaften zu haben. Und darüber freue ich mich am meisten. Auch wenn die meisten leider viel zu weit weg wohnen und mich das sehr an das Internet koppelt.
Aber die Freude über diese Leute überwiegt viel mehr, da macht es mir auch nichts, bei manchen Ärzten als internetsüchtig beschrieben zu werden.
Mittlerweile gibt es auch Offline-Besuche, und die finde ich jedes mal total klasse.
Nächste Woche zum Beispiel, da treffe ich mich mit Realitätsfilter, und das Offline. Ich freue mich schon wahnsinnig da drauf.
Ich glaube, das hat sich am meisten geändert, von jemandem, der nirgends auffiel und von dem auch niemand Notiz nahm zu jemandem, der rausgeht, um sich mit Freunden zu treffen.
Meine Freunde sind alle anders … und ich bin mächtig stolz darauf. 😉
Ich glaube endlich an mich und weiß, dass es Sachen gibt, die ich wohl nie können werde, aber ich lerne, damit zu leben, denn diese Situationen wird es immer für mich geben, ich kann sie nicht ändern. Und wenn man was nicht ändern kann, sollte man das Beste daraus machen.
Man sieht meinen Autismus, ok, dann sieht man ihn halt.
Ich wachse mit jedem Tag, und das auch dank der Leute, die mich tagtäglich unterstützen.
Vielen lieben Dank dafür.
Das ein oder andere Buch würde ich gerne noch schreiben. Viel Zeit mit meinen Freunden verbringen und das Leben abseits des Normalen einfach genießen.
Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Mein Autismus in 500 Worten“.
Alle Beiträge dieser Reihe kannst du hier nachlesen. Nähere Informationen zu dieser Reihe und dazu wie du dich beteiligen kannst findest du auf dieser Seite.
Samantha Becker ist eine 33 jährige Asperger-Autistin.
Viele kennen sie schon, von der Seite AutiCare.de, wo sie als Vereinsvorsitzende tätig ist. In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit anderen Autisten und Autistinnen und reist gerne quer durch Deutschland.